Verdächtige Telefonate

Die Staatsanwaltschaft fordert zwei Jahre und zwei Monate Haft für einen 59-Jährigen aus Trier-Saarburg, der über sein Handy Kinderpornos verschickt haben soll. Zunächst war der Mann auch angeklagt, seine zehnjährige Tochter missbraucht und anderen Männern "angeboten" zu haben. Dafür gab es bei dem Prozess vor dem Trierer Landgericht keine Hinweise.

Trier. Albrecht Keimburg ist einiges gewöhnt. Als Vorsitzender Richter der Ersten Großen Jugendkammer des Trierer Landgerichts hat er oft mit schlimmen Missbrauchsfällen zu tun. Doch das Protokoll einer Telefonüberwachung, das er gestern im Prozess gegen einen 59-Jährigen aus dem Kreis Trier-Saarburg verlas, verschlug selbst ihm die Sprache. Zwei Stunden lang soll sich der Angeklagte mit anderen Männern detailliert über brutale Vergewaltigungen von Kindern, einem vierjährigen und einem zehnjährigen Mädchen, unterhalten haben. Doch deswegen sitzt der arbeitslose, mehrfach vorbestrafte Familienvater nicht auf der Anklagebank. Das von der Polizei mitgeschnittene Gespräch, das nur eines von mehreren dieser Art ist, sei zwar "anrüchig, aber nicht strafbar", sagte Staatsanwältin Kristina Speicher. Es gibt offenbar keine Hinweise, dass die geschilderten Vergewaltigungen tatsächlich stattgefunden haben.

Losgetreten wurden die Ermittlungen durch aufmerksame Nachbarn in dem 900-Einwohner-Dorf, in dem der Mann mit seiner 20 Jahre jüngeren Frau und ihrer zehnjährigen Tochter wohnt. Die Nachbarn registrierten regelmäßige Männer-Besuche in dem Einfamilienhaus. Angeblich soll das Ehepaar der sogenannten Swinger-Szene angehören und sich regelmäßig mit anderen Männern und Paaren zum Sex getroffen haben.

Als die Frau, die nach TV-Informationen wegen Kindesmisshandlung vorbestraft ist und deren drei Kinder aus einer früheren Beziehung in Pflegefamilien leben, Mitte 2009 hochschwanger war und trotzdem noch regelmäßig fremde Männer in dem Haus ein- und ausgingen, wurden Nachbarn misstrauisch. Sie vermuteten wohl, dass das Mädchen missbraucht werden könnte, und informierten die Polizei. Die erwirkte eine Telefonüberwachung.

Die Beamten stellten fest, dass der 59-Jährige über sein Handy Kinderporno-Bilder versendet hat und per SMS einem Mann ein zehnjähriges Mädchen zum Geschlechtsverkehr angeboten hat. Und es gab Hinweise, dass er seine eigene Tochter missbraucht haben könnte.

Der 59-Jährige wurde im März verhaftet und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Er hat zugegeben, die Kinderpornos und die SMS verschickt zu haben. Er habe sich aber nicht an seiner Tochter vergangen, auch habe er sie nicht anderen Männern angeboten, sagte er vor Gericht. Die Gespräche über angebliche Vergewaltigungen und SMS seien reine Fantasie gewesen.

Weil sich während des Prozesses keine Hinweise für den Missbrauch der Zehnjährigen fanden, ließ die Staatsanwältin gestern die Anklage in diesem Punkt "aus Mangel an Beweisen" fallen. Ebenso den Anklagepunkt, dass es sich bei dem per SMS angebotenen Mädchen um die Tochter des Angeklagten gehandelt habe. Ein Zweifel bleibe, doch: "Im Zweifel für den Angeklagten."

Einzig übriggebliebener Anklagepunkt ist der Vorwurf, der Mann, dem der psychiatrische Gutachter eine pädophile Neigung bescheinigte, habe 27 Kinderporno-Bilder über sein Handy verschickt.

Die Staatsanwältin forderte zwei Jahre und zwei Monate Haft für ihn. Sein Anwalt, Frank Ernser, plädierte für eine einjährige Bewährungsstrafe. Am Dienstag soll das Urteil fallen.

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