Verletzende Worte, die keiner sieht

TRIER. Nach einer Umfrage der Opferschutzorganisation "Weißer Ring" hat jeder dritte Schüler Angst vor Gewalt auf dem Schulhof. Neben der körperlichen hat in den vergangenen Jahren vor allem auch die verbale Gewalt zugenommen.

Wenn Hans-Rüdiger Barbian, Leiter der Trierer Geschwister-Scholl-Hauptschule, zusammen mit Vertretern von Gymnasium, Real- und Regionalschule zu Beratungsgesprächen mit Eltern zusammenkommt, taucht eine Frage immer wieder auf. "Wie sieht es aus mit Gewalt?", möchten besorgte Eltern wissen, wenn es darum geht, die geeignete weiterführende Schule für ihr Kind zu finden. Dass Eltern besorgt sind, dafür hat Barbian durchaus Verständnis. Dass diese Frage in der Regel nur an ihn, als Vertreter einer Hauptschule, gestellt wird, weniger. "Erfurt ist überall möglich, auch in Trier", sagt der Hauptschulleiter. Im April vergangenen Jahres hatte ein 19-Jähriger bei einem Amoklauf in Erfurt 17 Menschen und anschließend sich selbst erschossen. Tatort des Geschehens war ein Gymnasium, und damit ist dieses Gymnasium gleichzeitig der traurigste Nachweis dafür, dass schulische Gewalt kein Phänomen ist, welches sich nur auf Hauptschulhöfen abspielt. Größere Zwischenfälle gebe es in seiner Schule zwar eher selten, meint Barbian, doch wenn es nötig sei, habe er keine Scheu davor, die Polizei zu rufen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn viele Schulen fürchten nach wie vor um ihren Ruf, sobald sie mit Problemen nach außen treten.Taucht in Polizeistatistik kaum auf

"Es geht um die Glaubwürdigkeit der Schulen", sagt Uwe Konz, Jugend-Beauftragter der Polizei Trier, deshalb sei schulische Gewalt in der Polizeistatistik eine "zu vernachlässigende Größe". Konz vermutet hier deshalb eine große Dunkelziffer, warnt jedoch vor "Horrorszenarien". Zwar habe die Gewalt an Schulen zugenommen, räumt der Polizeibeamte ein, doch komme körperliche Gewalt weniger vor als weitaus subtilere Formen, wie beispielsweise "Mobbing". Diese verbale Gewalt sei "eigentlich durchgängig" in allen Schulformen vertreten, sagt Konz, und da es auch mit "intellektueller Leistungsfähigkeit zu tun hat, vor allem in Gymnasien". Dass es umgekehrt an Gymnasien augenscheinlich zu weniger körperlicher Gewalt komme als beispielsweise an Hauptschulen, liege auch an den erweiterten Möglichkeiten der Gymnasien, "offene Gewalt zu reglementieren". Doch auch die Polizei kann der Gewalt selbst letztendlich nur begrenzt entgegenwirken. "Wir laborieren an den Symptomen, nicht an den Ursachen." Was genau die Ursache ist, bleibt oft im Dunklen und ist ohnehin von Fall zu Fall verschieden. Trotzdem hat es unter anderem Einfluss darauf, wie Schüler mit Konflikten umgehen, die letztendlich in Gewalt eskalieren. Wichtig sei es, dass bei einem Konflikt mehrere Lösungen zu Verfügung stehen, sagt Mario Gollwitzer, Sozialpsychologe an der Uni Trier. Gemeinsam mit Diplomanden hat er an der Trier-Ehranger Hauptschule mit Siebtklässlern über einen Zeitraum von drei Monaten Probleme aus deren Alltag aufgegriffen, für die dann gemeinsam Lösungen gesucht wurden.Mitschüler und Lehrer weniger aggressiv

Die Ergebnisse sind noch nicht ausgewertet, doch eine Vorher-Nachher-Befragung habe gezeigt, dass Lehrer und Mitschüler danach von den Teilnehmern als weniger aggressiv wahrgenommen wurden, resümiert Gollwitzer. Im Frühjahr soll das Programm auch in Salmtal umgesetzt werden. Schulen, die Interesse an dem Training haben, können sich direkt an Mario Gollwitzer wenden, e-Mail: goll1301@uni-trier.de Für Grundschulen bietet die AGF Trier unter dem Motto: "Ich, du, wir: sind stark!" gewaltpräventive Projekte an. Infos bei Anja Geishecker, geishecker@web.de und Irene Stangl, i.stangl@hdj-konz.de

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