Verrottete Heizung, Tristesse im Klassenraum

Trier/Mainz · Seit Jahrzehnten gab es bei der Schulbauförderung eine Art "Deal" zwischen dem Land und den Kommunen. Doch angesichts leerer Kassen auf beiden Seiten werden die Bandagen härter. Die Interessen der Schüler drohen ins Hintertreffen zu geraten.

Trier/Mainz. Ein Satz wie in Stein gemeißelt. "Jedes Kind hat drei Lehrer: Der erste Lehrer sind die anderen Kinder, der zweite Lehrer ist der Lehrer selbst und der dritte Lehrer ist der Schulraum". Diese skandinavische Weisheit steht ganz oben auf der Homepage des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums zum Thema Schulbau. Schaut man sich viele Schulräume in der Region an, dann bekommt der Begriff Lehrermangel eine ganz neue Dimension. Veraltete Gemäuer, unwirtliches Ambiente, vorsintflutliche Heizung, Toiletten außer Haus: Das sind keine raren Ausnahmen. Wobei der Status durchaus unterschiedlich ist, wenn man etwa die argen Zustände in der Stadt Trier mit den meisten Landkreisen vergleicht.
Das Problem ist, dass Schulbauten einem hohen Verschleiß ausgesetzt sind. Da muss regelmäßig Geld in Sanierung und Renovierung fließen, wenn die Substanz erhalten bleiben soll. Und weil sich Prioritätensetzungen, Schülerzahlen und Anforderungen regelmäßig ändern, führt auch an Neu- und Umbauten manchmal kein Weg vorbei.
Hausherr bei den öffentlichen Schulen sind meist Kreise und Kommunen. Das Land schießt Geld dazu, denn aus eigener Kraft schaffen die örtlichen Träger das längst nicht mehr. Über Jahrzehnte hat sich dabei eine Praxis etabliert, die durch eine Art Trick das Verfahren erleichtert.
Das geht so: Im Prinzip dürfen die Kommunen erst mit den Baumaßnahmen beginnen, wenn die Gesamtfinanzierung steht. Weil beim Land aber weitaus weniger Geld vorhanden ist, als Bedarf besteht, müssten viele dringliche Projekte über Jahre aufgeschoben werden. Deshalb dürfen die Kommunen schon dann beginnen, wenn eine erste Teilzusage für einen Zuschuss eingetroffen ist. Das Land teilt das vorhandene Geld statt in (deutlich weniger) komplette Projekte lieber in viele kleine Teilzuschüsse auf - so können die Kommunen loslegen. Auf Pump, natürlich.
Die Kehrseite: Es kann Jahre dauern, bis das Geld wieder reinkommt. Die Kosten für die Vorfinanzierung bleiben an den Kommunen hängen. Dieser Zeitpunkt scheint nun nahe zu sein. Die Kommunen können keine zusätzlichen Schulden mehr verkraften, und das Land muss sein Budget mit Blick auf die verfassungsmäßige Schuldenbremse eindampfen. Heftige Verteilungskämpfe kündigen sich an. Die CDU-Opposition wetzt schon mal die Messer. Der Trier-Saarburger Landrat und stellvertretende Parteivorsitzende Günther Schartz spricht in einem Brief an die CDU-Landtagsfraktion von einem "Bankrott des Systems". Das SPD-regierte Bildungsministerium verweist darauf, die problematische Förderungspraxis sei "schon zu CDU-Regierungszeiten die gleiche gewesen". Dennoch prüfe angesichts der Probleme eine Arbeitsgruppe die Veränderung der Fördermodalitäten. Schartz glaubt schon zu wissen, was dabei herauskommt: Bestimmte Maßnahmen wie Sporthallenböden und Dachumbauten sollen gar nicht mehr gefördert werden, auch bei kleineren Arbeiten wolle sich das Land aus der Mitfinanzierung verabschieden. Am Ende, so seine Befürchtung, bleibe nur eine aufwendige Bürokratie für Land und Schulträger - aber immer weniger Geld, das den Schülern zugutekommt.Extra

Hier eine Übersicht über die bewilligten Landes-Fördermittel für Schulen in der Region, Stand Juni 2012. Die Gesamtsumme beläuft sich auf rund vier Millionen Euro, eine weitere Million Euro steht nach Auskunft des Landes für laufende Genehmigungsverfahren noch bereit. Berücksichtigt sind Projekte von Kreisen und Verbandsgemeinden. Kreis Bernkastel-Wittlich: Fünf Maßnahmen in Bernkastel-Kues, Morbach, Salmtal und Wittlich. Höhe: 790 000 Euro. Kreis Bitburg-Prüm: Neun Maßnahmen in Bitburg, Bleialf, Idesheim, Kyllburg, Neuerburg und Prüm. Höhe: eine Million Euro. Kreis Trier-Saarburg: Sechs Maßnahmen in Hermeskeil, Kenn, Konz, Osburg, Saarburg, Schweich. Höhe: 1,36 Millionen Euro. Vulkaneifelkreis: Derzeit nur eine Maßnahme. Höhe: 150 000 Euro. Stadt Trier: Vier Maßnahmen, Höhe: 552 000 Euro.

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