Veto zum Schutz der kleinen Kneipe

Die Urteil der Verfassungsrichter ist eindeutig: Bleibt es in Rheinland-Pfalz bei der Rauch-Erlaubnis nur in Nebenräumen, müssen kleine Gaststätten vom Rauchverbot befreit werden. Noch in diesem Jahr will die SPD das Nichtraucherschutzgesetz ändern, um "allen Betroffenen" gerecht zu werden.

Mainz. Das Rauchverbot trifft kleine Gaststätten ohne einen Nebenraum unverhältnismäßig hart und bringt sie in Existenznot. Mit dieser grundsätzlichen Einschätzung hat der Verfassungsgerichtshof (VGH) Rheinland-Pfalz den Betreibern von Ein-Raum-Gaststätten bescheinigt, dass sie durch das von der SPD-Mehrheit im Landtag beschlossene Nichtraucherschutzgesetz in ihrem Grundrecht auf freie Berufsausübung und der per Landesverfassung garantierten Freiheit zu selbstständiger wirtschaftlicher Betätigung verletzt werden. Ein ohnehin durch Ausnahmen aufgeweichtes Rauchverbot dürfe nicht zu unzumutbaren Wettbewerbsnachteilen führen, so das Fazit der Richter, mit dem sie am Ende die Vorgaben in Bezug auf Ein-Raum-Gaststätten erwartungsgemäß kippten.

Opposition sieht sich durch VGH-Urteil bestätigt



Der Hotel- und Gaststättenverband begrüßte uneingeschränkt die Entscheidung. Der Gang vor Gericht habe sich gelohnt, sagte Verbandspräsident Eberhard Barth. CDU- und FDP-Opposition im Landtag sehen sich in ihrer Kritik an diesem speziellen Punkt des Nichtraucherschutzgesetzes und in ihrem Plädoyer für eine Ausnahmeregelung für kleine Eckkneipen bestätigt. Die SPD habe frühere Oppositions-Initiativen ignoriert und nun dafür die Quittung erhalten. Die FDP schlug vor, es allen Gaststätten mit weniger als 75 Quadratmeter Fläche frei zu stellen, sich zur Raucher- oder Nichtrauchergaststätte zu erklären.

Die SPD kündigte an, noch in diesem Jahr einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Vorgaben des Verfassungsgerichts entspreche und den "berechtigten Anliegen" aller betroffenen Gruppen gerecht werde. Mit CDU und FDP soll über ein gemeinsames Vorgehen gesprochen werden. Bereits früher hatte Fraktionschef Jochen Hartloff erklärte, dass ein rigoroses Rauchverbot nur als bundeseinheitliche Regelung Sinn mache. Dies ist jedoch wenig wahrscheinlich. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, mahnte zwar Vorrang für den Gesundheitsschutz an und appellierte an die Länder, generell die Ausnahmen vom Rauchverbot zu streichen. Bislang verhallte ihre Aufforderung allerdings weitgehend ungehört.

Meinung

Biotop Eckkneipe

Rauchen kann tödlich sein, heißt es auf den Zigarettenpackungen. Und dennoch ist das Urteil des Verfassungsgerichtshofes ein Spruch der Vernunft: Wie das Bundesverfassungsgericht argumentieren auch die Koblenzer Richter nachvollziehbar, dass der Nichtraucherschutz nicht ausgerechnet allein zu Lasten der Eckkneipen und ihrer bevorzugten Raucherklientel gehen kann. Die SPD-Mehrheit im Landtag erhält ihr nur in diesem Punkt umstrittenes Gesetz nicht unerwartet zur Korrektur zurück. Wer Ausnahmen in Festzelten und Nebenzimmern zulässt, und dabei auch die Bedienung im Qualm stehen lässt, kann nicht von der kleinen Kneipe ausnahmslose Konsequenz einfordern. Gibt es ein Abrücken vom rigorosen Gesundheitsschutz, muss es dabei wenigstens gerecht zugehen. Ausbleibende Stammkundschaft hat bei vielen Thekenwirtschaften bereits deutliche Spuren hinterlassen. Mit dem Raucher-Biotop Eckkneipe dürften auch Nichtraucher leben können - indem sie es links liegen lassen. j.winkler@volksfreund.de Stimmen aus der Kneipen-Szene Alwin Reitz, "Canapee", Wittlich: "Ich lebe sehr gut ohne militante Nichtraucher. Die Entscheidung sollten den Wirten überlassen sein, denn sie bezahlen die Pacht und die Steuern - und nicht die Nichtraucher." Frank Hessek, "Hochwald-Jagdstube", Hermeskeil: "Das Urteil ist wunderbar. Die Nichtraucher haben sich erst über den Rauch beschwert, als das Gesetz kam." Annemarie Oster, "Luxemburger Eck", Trier: "Bei einem generellen Rauchverbot hätte ich meinen Laden zumachen müssen. Es sollte jedem Wirt selbst überlassen sein, ob geraucht werden darf." Hans Theis, "Freitzeitcafé", Bitburg: "Die Entscheidung gefällt mir nicht. Von der Ausnahme profitieren jetzt die kleinen Kneipen. Entweder alle oder niemand." (eg)

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