Video-Dolmetscher auch für Gefängnisse in Trier und Wittlich?

Mainz/Wittlich/Trier · Mainz/Wittlich/Trier (flor/dpa) Bernhard Henter schaut grimmig in Richtung von Alexander Schweitzer, dann fährt der Konzer den rheinland-pfälzischen SPD-Fraktionschef im Mainzer Landtag barsch an. "Sprechen Sie besser zu Themen, von denen sie was verstehen", schimpft der CDU-Landtagsabgeordnete, als der SPD-Mann ihn mit einem Zwischenruf irritiert.

Geht es nach Henter, hat die Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz den Ernst der Lage in den Gefängnissen noch nicht begriffen: Die CDU warnt vor steigender Gewalt und forderte mehr Personal für den Strafvollzug. "Festzustellen ist eine zunehmende Aggression und Gewaltbereitschaft der Gefangenen", sagt Henter. Er kritisiert, dass das Land nicht davon abrücke, 60 Stellen im Strafvollzug mit dem nächsten Doppelhaushalt 2019/20 streichen zu wollen.
AfD-Fraktionschef Uwe Junge spricht von einem "explosiven Gemisch" in den Haftanstalten, dessen Ursachen Überbelegung und ein hoher Ausländeranteil von 30 Prozent seien. Nach eineinhalb Jahren als Minister stehe Justizminister Herbert Mertin in der Mitverantwortung. Was der FDP-Minister einräumt: Anders als erwartet sei die Zahl der Gefangenen gestiegen. Derzeit werde von Beamten im Justiz- und Finanzministerium untersucht, welche strukturellen und personellen Anforderungen es im Strafvollzug gebe. "Diese Ergebnisse werden, wenn sie vorliegen, Eingang finden in die Haushaltsberatungen", sagte Mertin und betonte, dass alle frei gewordenen Stellen im Strafvollzug zur Wiederbesetzung ausgeschrieben sein.
Neue Wege beschreitet das Land bei anderen Herausforderungen in den Gefängnissen. Wie bei Insassen, die nicht Deutsch sprechen, was nach Justiz-Gewerkschaften eine zunehmende Belastung für Vollzugsbeamte ist. Im Rohrbacher Gefängnis werde bereits das Modell eines Wiener Instituts erprobt, das Dolmetscher für etwa 150 Sprachen per Videotelefonie bereitstelle, schildert Mertin. Gut möglich, dass auch die Gefängnisse in Wittlich und Trier davon künftig profitieren. "Wenn sich das bewährt, werden wir das überall umsetzen", sagt Mertin. Landesweit sind die Dolmetscherkosten von 2012 bis 2016 von gut 6600 auf rund 84 000 Euro gestiegen.
Die Lage in den rheinland-pfälzischen Gefängnissen ist zuletzt in den Vordergrund gerückt, weil Anfang November im Diezer Gefängnis eine Besucherin mutmaßlich vergewaltigt wurde. Die Regelung von Gefängnisbesuchen müsse der Sicherheit ebenso Rechnung tragen wie dem Ziel der Resozialisierung von Häftlingen, betonte Mertin in einer Fragestunde des Parlaments. "Wenn gewisse Risiken bestehen, dann muss man gegebenenfalls Besuche nur mit Trennscheibe zulassen." Vor der Straftat im Besuchsraum habe es jedoch keinerlei Hinweise darauf gegeben, dass von dem verurteilten Frauenmörder eine Gefahr für seine Ehefrau oder seine beiden Stiefkinder ausgehen könnte, führte Mertin aus. Nur dann hätte ein Besuch untersagt werden können.

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