"Viele haben die Schnauze voll"

TRIER. Die verhaltene Vorfreude war verfrüht: Der mysteriöse Krankheitserreger im alten Trierer Polizeipräsidium ist doch noch nicht gefunden. Derweil klagen immer mehr Mitarbeiter über gesundheitliche Beeinträchtigungen. Beinahe jeder dritte Beschäftigte ist mittlerweile betroffen.

Die ersten Möbel stehen schon im provisorisch hergerichteten Ausweichquartier in der Güterstraße, die ersten Kripo-Leute sollen heute folgen. Einen Monat nach dem Teilräumungsbeschluss für das alte Trierer Polizeipräsidium nimmt der Umzug jetzt konkrete Formen an. Die 20 Mitarbeiter der Kommissariate für Vermögens- und Wirtschaftsdelikte ermitteln ab sofort aus den alten Arbeitsamtsräumen in der hinter dem Trierer Hautbahnhof gelegenen Güterstraße. Und auch ihre Kripo-Kollegen aus den anderen Kommissariaten sitzen in der Südallee quasi schon auf gepackten Koffern. Ihr Umzug soll in der nächsten Woche folgen - nach dem Großeinsatz wegen der Neonazi-Demo am Wochenende.Keine Freiwillige, keine neuen Böden

Aus dem siebenstöckigen 70er Jahre-Bau in der Südallee wird dann eine Art Geister-Hochhaus. Ab der zweiten Etage aufwärts steht das Gebäude demnächst leer - abgesehen von der unter dem Dach gelegenen Kantine. Bevölkert bleibt nur noch die erste Etage des Mini-Hochhauses und der angrenzende Flachbau. Dort sind die Führungsgruppe der Polizei und der Dauerdienst untergebracht.

Ursprünglich sollte unmittelbar nach dem Auszug der Kripo-Leute mit der Sanierung begonnen werden. "Die Fußböden im zweiten und dritten Stock kommen raus", hatte vor einem Monat Polizeisprecherin Monika Peters dem TV gesagt. Davon allerdings ist plötzlich keine Rede mehr. "Die Böden wären saniert worden, wenn die Mitarbeiter anschließend freiwillig wieder in das Gebäude zurückgekehrt wären", sagte Polizeisprecher Reinhard Rothgerber gestern unserer Zeitung. Weil dazu aber mittlerweile kein Kollege mehr bereit sei, wolle der Gebäude-Eigentümer LBB (Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung) auch nicht mehr sanieren. Statt dessen geben sich in der Südallee nun weiter Gutachter und Experten die Klinke in die Hand. Bislang ohne zählbares Ergebnis. Ein zwischenzeitlich als Übeltäter der Massenerkrankungen ins Auge gefasstes Lösemittel mit dem Zungenbrecher-Namen

2-Phenoxyethanol ist offenbar wieder von der Verdächtigenliste verschwunden. "Es ist wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen", sagt Polizeisprecher Rothgerber.

"Hier herrscht Totengräberstimmung"

Derweil steigt die Zahl der über Gesundheitsbeschwerden wie Hautreizungen oder blutige Nasenschleimhäute klagenden Mitarbeiter. War bislang von 60 Betroffenen die Rede, heißt es nun, "80 Kollegen, möglicherweise mehr" (Rothgerber) litten unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Dennoch sei die Zahl der Krankmeldungen nicht überproportional hoch. "Die meisten Kollegen verrichten trotzdem ihren Dienst", sagt Rothgerber.

Doch der Frust unter den Polizisten wächst. "Viele Kollegen haben die Schnauze einfach voll", sagt einer, "hier herrscht Totengräberstimmung" ein anderer. Dass es besser werden könnte, wenn der Umzug erst einmal über die Bühne ist, glauben nur wenige. "Im Vergleich zur Güterstraße ist die Südallee ein Erste-Klasse-Hotel", meint ein Kripo-Mann.

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