Viele Luxemburger wollen wegbleiben, wenn die Maut kommt

Trier · Eine Befragung von 1096 Menschen im Großherzogtum belegt die Gefahren der PKW-Maut für die Region Trier.

Viele Luxemburger wollen wegbleiben, wenn die Maut kommt
Foto: Bernd Wüstneck (Zentralbild)

Er habe für seine Diplomarbeit "etwas Regionales" machen wollen, sagt Stefan Rommelfanger. Da sei ihm in den regionalen Medien das Thema Maut aufgefallen. "Da ging es immer wieder um Luxemburg. Deshalb kam mir die Idee für den empirischen Ansatz meiner Arbeit."
Ziel war es, möglichst viele Aussagen zu erhalten, wie Luxemburger bei einer Mauteinführung ihr Mobilitätsverhalten verändern würden. In einem zweiten Schritt sollte aufgezeigt werden, welche Folgen diese Verhaltensveränderungen für die Region Trier haben könnte. Der in deutscher, französischer und englischer Sprache verfasste Fragebogen wurde im Mai 2017 über soziale Medien und das Letzebuerger Journal verbreitet. Innerhalb eines Monats haben 1096 Personen die 15 Fragen beantwortet. "Ich habe die Ergebnisse ausgewertet und fünf Experten mit den Ergebnissen konfrontiert", erläutert der 33-Jährige.

Einzelhandelsverband, Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer, Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe und der Landrat von Trier-Saarburg, Günther Schartz, bat er in Interviews um ihre Einschätzungen. Die wichtigste Erkenntnis: Zumindest kurzfristig hätte die PKW-Maut in der derzeit geplanten Form erhebliche Auswirkungen auf die Bereiche Einzelhandel, Verkehr und Handwerk.

Einzelhandel Das wichtigste Motiv für Menschen aus Luxemburg, in die Region Trier zu fahren, ist das Einkaufen. Tagesausflüge, Gastronomie oder der Besuch von Freunden werden von weitaus weniger Befragungsteilnehmern als Grund genannt. Häufigstes Ziel der Luxemburger ist die Stadt Trier (89 Prozent), gefolgt vom Kreis Trier-Saarburg (46 Prozent) und dem Eifelkreis Bitburg-Prüm (33 Prozent). Für den Einzelhandel in den Kreisen Vulkaneifel (19 Prozent) und Bernkastel-Wittlich (13 Prozent) hätte ein Fernbleiben der Kundschaft aus Luxemburg wohl eher geringe Auswirkungen. Anders sieht es für die Stadt Trier aus, wo der von Luxemburgern erbrachte Anteil am Gesamtumsatz des Einzelhandels bei zwölf bis 14 Prozent liegt, was etwa 150 Millionen Euro entspricht. Würde fast jeder zehnte Luxemburger bei einer Maut nicht mehr nach Trier kommen, hätte das dramatische Folgen für den Einzelhandel. "Dann ist auch mit Geschäftsschließungen in der Innenstadt zu rechnen", fast Rommelfanger die Erkenntnisse der Studie zusammen.

Verkehr Fast alle befragten Luxemburger kommen regelmäßig und ausschließlich mit dem Auto in die Region Trier - über die Autobahn. Auf der könnte das Fahren nach der Mauteinführung deutlich entspannter werden. Denn nur 183 der 1096 Befragten gaben an, sich eine Vignette kaufen zu wollen. Bahn oder Bus sind Alternativen nur für sehr wenige Befragte. Mehr als die Hälfte der Luxemburger wollen mit ihrem Fahrzeug in Zukunft die mautfreien Bundes-, Landes- und Kreisstraßen nutzen. Besonders betroffen wären die bereits jetzt stark frequentierte B49 vom Grenzübergang Wasserbillig über Igel und Trier-Zewen in die Trierer Innenstadt. Auf der gegenüberliegenden Moselseite könnte der Verkehr auf der Strecke B.419/B.51 von Grevenmacher über Temmels, Wasserliesch und Konz bis nach Trier zunehmen. Im Gegensatz zu Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) hält Landrat Günther Schartz (CDU) die Effekte einer Mauteinführung für verkraftbar und für zeitlich befristet. Ein Großteil der Luxemburger werde sich eine Jahresvignette anschaffen, um das deutsche Autobahnnetz benutzen zu können, ist Schartz überzeugt.

Handwerk Das Verständnis in Luxemburg für die PKW-Maut in Deutschland ist gering. Auch das ist ein Ergebnis der Diplomarbeit. Vor allem die Begünstigung der Einheimischen in Deutschland empfinden viele Luxemburger als ungerecht und diskriminierend. Ob dieser Ärger auch Auswirkungen auf die Wirtschaft in der Region haben könnte, ist Spekulation. Allerdings befürchtet Matthias Schwalbach, Leiter der Wirtschaftsförderung der Handwerkskammer (HWK), auch Auswirkungen für die Handwerksbetriebe im Grenzraum. Annähernd 40 Prozent dieser Betriebe generieren demnach mindestens ein Zehntel ihrer Umsätze mit Luxemburger Kunden. Bei allen Geschäftsbeziehungen in das Großherzogtum kommen demnach etwa 500 Millionen Euro Umsatz zustande.

Fazit Stefan Rommelfanger zieht in seiner Studie ein klares Fazit: "Verlierer der Mauteinführung sind mit großer Wahrscheinlichkeit die Grenzregionen. Vor allem ein Grenzraum wie die Region Trier, der in großem Maße von der wirtschaftlichen Verflechtung mit Luxemburg profitiert, wird die negativen Folgen der Maut zu spüren bekommen."

ZUR PERSON: STEFAN ROMMELFANGER Die Diplomarbeit von Stefan Rommelfanger ist die bislang umfassendste Studie zum Thema "Die Maut und ihre Auswirkungen auf die Grenzregion". Der 33-Jährige stammt aus Trier-Ehrang und hat an der Universität Trier angewandte Humangeografie studiert. "Jetzt geht es für mich darum, einen Job zu finden", sagt der angehende Diplom-Geograf.

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