Vier Beck-Kronprinzen im Karussell

Mainz · Früher als gedacht plant Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), der bis 2016 regieren wollte, seinen Abschied. Auslöser sollen gesundheitliche Probleme des 63-Jährigen sein. Die Suche nach einem Nachfolger hat bereits begonnen.

Mainz. Bildungsministerin Doris Ahnen ist auf dem Weg ins Büro, als sie unterwegs nach ihren Ambitionen für das Amt des Regierungschefs gefragt wird. Die Triererin verzieht das Gesicht, lächelt, zeigt zum Himmel und sagt: "Ach wissen Sie, heute ist so ein schöner Tag." Mehr lässt sie sich nicht entlocken.
Ähnlich wortkarg geben sich fast alle Sozialdemokraten, obwohl sich die Nachricht vom möglichen vorzeitigen Rückzug Becks wie ein Lauffeuer verbreitet hat und am Morgen in den Fraktionssitzungen von SPD, CDU und Grünen Thema war. "Die Fraktion war nicht überrascht, das war kein Aufreger", sagt ein Genosse. Kurt Beck habe bestätigt, dass für den Fall der Fälle eine Lösung gesucht werde.
Wie es genau um den Gesundheitszustand des Pfälzers bestellt ist, wissen nur die wenigsten. Er sei kürzlich eine Woche im Krankenhaus gewesen, erzählt ein Genosse. Andere berichten, Beck sei nach 18 Jahren im Amt einfach ausgebrannt. "Akku leer."
SPD-Generalsekretär Alexander Schweitzer teilt offiziell mit, es gebe "selbstverständlich Gespräche unter Leitung von Kurt Beck". Solche Entscheidungen müssten "sorgfältig vorbereitet werden". SPD-Fraktionschef Hendrik Hering sagt: "Es ist normal, dass wir darüber reden." Ein Wechsel schon in diesem Jahr könne eine Option sein. Es gebe aber keinen festen Zeitplan.
Die Sozialdemokraten hadern damit, dass der Beginn der Nachfolgersuche publik geworden ist. Ändern können sie es nicht, und so müssen sich die vier gehandelten Kandidaten möglicherweise schneller einigen als geplant. Und das sind die Kronprinzen:
Roger Lewentz: Der Innenminister (49) gilt als eloquent, schlagfertig und "nah bei de Leut" wie Kurt Beck. In der Landespolitik mischt er seit 1994 mit, war Fraktionsvize, später SPD-Generalsekretär, Innen-Staatssekretär und ist als Vorsitzender des Parteirates in der SPD bestens verdrahtet. In vorderster Front als Minister steht er allerdings erst seit zehn Monaten. In der Bundespolitik ist er ein unbeschriebenes Blatt. Zum Nachteil könnte für Lewentz werden, dass er seit langem in die Nürburgring-Affäre involviert ist und nun als verantwortlicher Ressortchef eine Lösung präsentieren muss.
Hendrik Hering: Der SPD-Fraktionschef (47) und stellvertretende Parteivorsitzende war fünf Jahre Wirtschaftsminister und davor Staatssekretär im Innen- und im Umweltministerium. In der Landespolitik agiert er seit 1996. Hering gilt als gewiefter Taktiker, hat aber als sachlicher Analytiker Schwächen in der öffentlichen Außendarstellung.
Bei Rededuellen im Landtag gegen CDU-Chefin Julia Klöckner wirkt er mitunter blass. Bundespolitisch hat er mehr Erfahrung als Lewentz. Auch ihm könnte das Pulverfass Nürburgring zum Nachteil gereichen, denn er hat die umstrittenen Verträge mit den privaten Pächtern ausgehandelt, mit denen um eine Schlichtung gerungen wird.
Doris Ahnen: Die Bildungsministerin (47) und stellvertretende Parteivorsitzende ist seit elf Jahren im Amt und gilt als eine der profiliertesten Bildungspolitikerinnen bundesweit. In die Landespolitik kam sie 1996. Auch sie ist in der Partei beliebt, gehört allerdings nicht wie Lewentz und Hering dem mächtigsten SPD-Regionalverband Rheinland an. Bei einer Bürgerumfrage, wer der geeignetste Nachfolger für Beck sei, rangierte Ahnen vor wenigen Monaten mit deutlichem Vorsprung vor Hering und Lewentz.
Doris Ahnen ist durchaus eine clevere und gute Rednerin, aber vielleicht nicht so schlagfertig wie CDU-Chefin Klöckner. Mit dem gefürchteten Thema Nürburgring hatte sie nie zu tun, war aber in der Vergangenheit auf die Bildungspolitik beschränkt.
Jochen Hartloff: Der Name des Justizministers (57) fiel in der Vergangenheit oft, wenn es um die Beck-Nachfolge ging. Spötter meinen, er bringe sich selbst ins Gespräch. Aktuell dürfte der langjährige SPD-Fraktionschef kaum Chancen haben. Als er dieses Amt 2011 wider Willen an Hendrik Hering abgeben musste, bedeutete das einen herben Machtverlust für den meist ohne Krawatte auftretenden Kuseler.