Vollkommen überfordert

TRIER. Die grauenhaften Fernsehbilder von der Flutkatastrophe in Südostasien sehen nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder. Eine Trierer Psychologin gibt Tipps, wie Familien mit den Geschehnissen hierzulande umgehen sollten.

Berge von Leichen in Massengräbern, restlos zerstörte Land- und Ortschaften, hilflos weinende Menschen, die vor dem Nichts stehen. Die erschütternden Berichte aus Südostasien kommen seit dem Zweiten Weihnachtstag per Fernsehen, Radio, Videotext oder Internet in die heimischen Wohnzimmer und machen auch vor Kindern nicht Halt. Was bereits bei vielen Erwachsenen die Grenzen des Begreifbaren und Erträglichen überschreitet, bedeutet für Kinder erst recht eine Überforderung. "Kinder sollten diese Katastrophe überhaupt nicht zu sehen bekommen", meint Christine Wiegand, Trierer Psychotherapeutin für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Die Kinder würden das Leid der betroffenen Menschen im Fernsehen anhand Mimik und Gestik sehen, ohne es hören zu müssen, könnten es rational nicht verarbeiten und seien vollkommen hilflos den Geschehnissen ausgesetzt. "Ich bin sicher, dass viele Kinder Alpträume und Ängste haben und das Gesehene unverarbeitet mit ins Bett nehmen", sagt die Trierer Psychotherapeutin. Da die Themen Tod und Krankheit in unserer Gesellschaft weitgehend außen vor seien, träfen die Katastrophenbilder mit voller Wucht und Stärke. Wegen der (heute zu Ende gehenden) Ferien verbrachten etliche Kinder mehr Zeit vor dem Fernseher und Radio als normalerweise und waren schwerlich von den apokalyptischen Ereignissen fern zu halten. "Eltern sollten dann offen mit ihrem Kind darüber sprechen, was und wo etwas geschehen ist, wir aber unmittelbar nichts tun können. Dabei müssen die Kinder, die schnell Schuldgefühle entwickeln, unbedingt entlastet werden, und ihnen muss erklärt werden, dass sehr gute Hilfs- und Notdienste kommen und helfen, alles wieder in Ordnung zu bringen." Für die Verarbeitung des Gesehenen könne das Kind seine Eindrücke malen und die Eltern mit ihm darüber sprechen. Dabei müsse dem Kind die eigene Kompetenz aufgezeigt werden, um Hilflosigkeit zu vermeiden. "Also dem Kind die Funktion der Notrufnummern 110 und 112 erklären, ihm sagen, dass auch Mama und Papa helfen", meint Wiegand. Die Psychologin selbst guckt sich die Katastrophenbilder im Fernsehen nicht an ("Das ist ja nicht auszuhalten") und ist strikt dagegen, dass Kinder sie im Fernsehen betrachten. Wenn überhaupt, sollten Eltern mit ihren Kindern Zeitungsbilder anschauen: "Da weiß man im Gegensatz zum Fernsehen wenigstens, was auf einen zukommt." Eltern könnten ihre Kinder auch zu Geldspenden in einem kindlichen Rahmen anhalten. Das sei eine Frage der Nächstenliebe in unserer Gesellschaft christlicher Ethik.

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