Vom Kabelstrang übers Gleis bis hin zur Lokomotive

Trier · In Rheinland-Pfalz werden laut Statistik jeden Tag etwa drei Metalldiebstähle bekannt. Allein in der Region Trier geht der Schaden in die Hunderttausende Euro. Und die Täter kommen meist ungeschoren davon.

Mitte Juli fällt im saarländischen Homburg in einer Nacht von Samstag auf Sonntag für eine Stunde der Strom aus. Wie sich später herausstellt, hat sich ein 38-Jähriger mit einem Messer an einem 20 000-Volt-Stromkabel zu schaffen gemacht. Bei dem Versuch, die Kabelummantelung aufzuschneiden, um an das Kupfer zu kommen, wurde der Mann durch einen Stromschlag lebensgefährlich verletzt. Die örtlichen Stadtwerke schätzen den Schaden auf bis zu 20 000 Euro.

Ein aktuelles Beispiel aus dem benachbarten Saarland, das nur deshalb etwas untypisch ist, weil der mutmaßliche Metalldieb bei der Aktion schwer verletzt und dadurch auch gefasst wurde. Bei den meisten anderen Diebestouren dagegen haben die Ermittler das Nachsehen, werden die Täter nie geschnappt.

Wahrscheinlich ist die geringe Aufklärungsquote neben den steigenden Metallpreisen der Hauptgrund dafür, dass der Edelmetall-Diebstahl Konjunktur hat, und das bundesweit. Geklaut wird alles, was sich anschließend bei zwielichtigen Metallhändlern zu Geld machen lässt: Dachrinnen, Schrott, Gedenktafeln, Gullydeckel, aber auch Leitplanken, Toilettentüren oder Gleise.

Besonders auf die Infrastruktur der Deutschen Bahn haben es die Metallräuber abgesehen. Allein im vergangenen Jahr lag der durch Schienen- und Oberleitungsklau verursachte Schaden bei rund zehn Millionen Euro. Selbst Loks und Waggons verschwinden schon mal auf wundersame Weise und tauchen nie wieder auf.
Die Bahn will den Dieben nun ins Handwerk pfuschen und das an den Bahnstrecken verbaute Material kennzeichnen, um es später identifizieren zu können. Außerdem soll verstärkt mit Metallhändlern gesprochen werden. "Die müssen wissen, dass sie sich strafbar machen, wenn sie gestohlenes Material aufkaufen", sagt Bahnpolizei-Sprecher Jens Schobranski. Als wenn das ein Metallhändler nicht wüsste …

Nicht wenige Händler sind in den vergangenen Jahren selbst Opfer von Metalldieben geworden, haben teils kräftig investiert, um ihre Bestände zu schützen. Dass das nicht einfach ist, davon kann auch die Bundespolizei ein Liedchen singen. Bundesweit sind die Beamten für die Kontrolle von 34 000 Kilometer Schienennetz zuständig, 1100 Kilometer umfasst allein das Einsatzgebiet der Bundespolizeiinspektion Trier. Deren Sprecher Rudolf Höser sagt, dass der Gleisklau "mit Nachdruck und unter Einsatz modernster Methoden verfolgt" werde. Was darunter zu verstehen sei, wollte Höser "aus ermittlungstaktischen Gründen" aber nicht sagen.

Derweil vergeht weiter kein Tag ohne neue Diebstahlsmeldung. Gestern berichtete die Dauner Polizei von einem auf der Autobahnbaustelle bei Dreis-Brück gestohlenen Baggerlöffel und diversen Messingteilen sowie einer Kabelrolle, die in der Dauner Innenstadt entwendet wurden. Auch diese Diebstähle dürften auf das Konto von Metalldieben gehen.

Im Zuständigkeitsbereich des Trierer Polizeipräsidiums wurden in diesem Jahr bislang 80 Metalldiebstähle bekannt. Wahrscheinlich ist, dass es weitere Diebstähle gab. "Aber es gibt ja keine Meldepflicht", sagt Polizeisprecher Karl-Peter Jochem. Den bisher entstandenen Schaden beziffert Jochem auf 300 000 Euro. Das klingt nach viel, bewegt sich aber in der Größenordnung vergangener Jahre. 2010 verzeichnete das Trierer Polizeipräsidium 131 Fälle mit einem Gesamtschaden von knapp einer halben Million Euro. 2009 gab es "nur" 64 Diebstähle. "Das ist immer abhängig vom Metallpreis", sagt der Polizeisprecher. sey

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