Vom Trick mit der Kundenkarte bis zum angeblichen reichen Onkel aus Amerika: Mit welchen Maschen Betrüger viel Geld erbeuten

Mainz · Wenn das große Geld lockt, sei es in Form eines angeblichen Gewinns oder einer Erbschaft, ist stets größte Vorsicht geboten. Oft stecken dahinter Betrüger. Das Innenministerium, das Landeskriminalamt und die Verbraucherzentrale setzen auf Aufklärung.

"Sehr geehrte Roger Lewentz, als erstes moechte ich Sie um Ihr Vertrauen in dieser Transaktion bitten." So beginnt ein Fax, das am 10. November Innenminister Roger Lewentz (SPD) erhalten hat. Die Schreiberin, eine angebliche Anwältin namens Sejas Martinez Abogado aus Barcelona, versichert, "dass am Ende alles gut laufen wird".
Der überraschte Politiker erfährt im weiteren Verlauf, Frau Martinez Abogado sei die Anwältin "des verstorbenen Herrn Ing. Johnson Lewentz". Bevor dieser gestorben sei, habe er umgerechnet rund elf Millionen Euro "mit einer Sicherheitsfirma hier in Spanien hinterlassen". Sie suche nun anspruchsberechtigte Familienmitglieder für das Erbe.
Als Verantwortlicher für die Polizei in Rheinland-Pfalz hat Roger Lewentz natürlich nicht an den reichen Onkel aus Amerika geglaubt, sondern schnell Lunte gerochen: Hier sind Betrüger am Werk. Lewentz verhehlt allerdings nicht, dass er ein paar Sekunden lang über die avisierte Summe nachgedacht habe.

So wie dem Minister ergeht es vielen Menschen. Wer träumt nicht manchmal vom großen Geld? Genau das machen sich Abzocker zunutze, erklärt Wolfgang Hertinger, Chef des Landeskriminalamtes (LKA). "Wenn einem am Telefon oder per Brief große Geldsummen, Erbschaften oder angebliche Gewinne in Aussicht gestellt werden oder wenn ein vermeintlicher Verwandter um finanzielle Hilfe bittet, weil er sich gerade in einer schwierigen Lage befinde, ist immer größte Vorsicht geboten."

Ulrike von der Lühe, Vorstand der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, weiß zu berichten, dass die Abzocker mittlerweile vor nichts mehr zurückschrecken. "Die zwielichtigen Firmen geben sich sogar als Verbraucherschützer oder Staatsanwälte aus und lassen im Telefondisplay die Telefonnummern der jeweiligen Organisation erscheinen." Dann würden die Opfer belästigt und massiv unter Druck gesetzt.Nicht bestellte Päckchen


Die Kriminalinspektion Wittlich warnt aktuell vor einer neuen Betrugsmasche mit nicht bestellten Päckchen. Im Raum Wittlich gebe es bereits erste Opfer. Die Masche funktioniert so: Menschen erhalten ein Päckchen, für das sie ihren Ausweis vorzeigen müssen. Darin befindet sich eine sogenannte DHL-Goldcard, eine scheckkartengroße Kundenkarte für die Packstationen des DHL-Paketdienstes. Wenig später klingelt dann ein angeblicher DHL-Mitarbeiter. Er erklärt, bei der Zustellung sei ein Fehler passiert, und nimmt die Goldcard wieder mit. Später wird die Karte dann im Namen des Opfers bei Bestellungen im Internet eingesetzt und Ware von Versandhäusern an Packstationen bestellt. Die Rechnung geht an den Karteninhaber.

Die Masche flog auf, weil sich Opfer, die nichts bestellt hatten, bei der DHL meldeten. Die Polizei rät Betroffenen: Sofort Anzeige erstatten. So könnten die Betrüger gefunden und weitere Schäden vermieden werden.
Innenminister Roger Lewentz betrachtet Aufklärung als "wesentlichen Baustein, um diesen Praktiken den Boden zu entziehen". Die Statistik zeige, dass Information über und Sensibilisierung für verschiedene Betrugsvarianten erfolgreich seien. So seien zwar im vergangenen Jahr vermehrt Fälle des sogenannten "Enkeltricks" registriert worden, der Anteil der vollendeten Taten habe jedoch nur bei 4,6 Prozent gelegen. Es sei also meist beim Betrugsversuch geblieben.

Allerdings gibt es auch etliche Geschädigte. Jeden Tag melden sich Menschen bei der Verbraucherzentrale. Diese warnt auf ihrer Homepage im Internet unter www.vz-rlp.de/gewinnspiele regelmäßig vor neuen Maschen und unterstützt Betroffene mit individueller Beratung. Zudem seien die Verbraucherschützer mit Vorträgen im ganzen Land unterwegs, verdeutlicht Vorstand Ulrike von der Lühe.

LKA-Chef Wolfgang Hertinger glaubt nicht daran, dass die Zahl der Vermögens- und Fälschungsdelikte zurückgehen wird. Das Internet biete Betrügern große Möglichkeiten. Hertinger rät, ein gesundes Misstrauen zu bewahren und sich auf nichts einzulassen, was verdächtig erscheine.Extra

Nigeria-Betrug: Menschen bekommen einen Brief und werden unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu bewegt, an Schneeballsystemen teilzunehmen oder in Erwartung zugesagter Vermittlungsprovisionen gegenüber den Absendern (den Betrügern) finanziell in Vorleistung zu treten. Dem Opfer wird glaubhaft gemacht, ein enormes Vermögen verdienen zu können. Auf die Gegenleistung des Geschäfts - Geld oder Waren - wartet der Vorschussleistende vergeblich. Der Name resultiert daraus, dass nigerianische Banden Mitte der 1980er Jahre massenhaft Briefe, Faxe und später E-Mails mit dieser Betrugsabsicht verschickten.
Enkeltrick: Trickbetrüger geben sich meist gegenüber älteren und/oder hilflosen Personen als deren nahe Verwandte (Enkel) aus, um unter Vorspiegelung falscher Tatsachen an deren Bargeld oder sonstige Wertgegenstände zu gelangen. Im Mai 2014 konnte die polnische Polizei den Erfinder des Enkeltricks, Arkadiusz "Hoss" Lakatosz, nach über zehn Jahren Fahndung festnehmen.
Telefon-Abzocke: Angebliche Staatsanwälte, Notare, Rechtsanwälte, Verbraucherschützer oder deren Mitarbeiter rufen an und behaupten wahrheitswidrig, man schulde mehrere tausend Euro aus einem Gewinnspieldienst. fcg

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