Von der Lust und der Last, Weinkönigin zu sein

Nittel/Longuich · Mit Fachwissen, Charme und Krone sind sie die Botschafterinnen des Weins: Annika Strebel aus Wintersheim ist die amtierende Deutsche Weinkönigin, Carina Curman aus Nittel war es vor elf Jahren, und Anna Burg ist bereits im zweiten Jahr Weinkönigin von Longuich. Der TV hat mit den drei Hoheiten auf Zeit gesprochen.

Angst vor einem tiefen Loch, in das sie nun fallen könnte, hat Annika Strebel nicht. Was die 24-Jährige vor allem damit begründet, dass es dieses Loch für sie gar nicht gibt. Es gab eine Zeit davor, und es gibt eine Zeit danach. Und dazwischen liegt der Lebensabschnitt, den Annika Strebel auf keinen Fall missen möchte. Denn die Winzerstochter aus dem rheinhessischen Wintersheim wurde vor einem Jahr zur 62. Deutschen Weinkönigin gewählt.
Mit der Wahl ihrer Nachfolgerin endet in diesen Tagen die einjährige Amtszeit. Dann gibt Annika Strebel die Krone weiter. Die unvergesslichen Erinnerungen und gewonnenen Erfahrungen jedoch darf sie behalten. "Ich sehe mich als absolutes Glückskind", sagt die noch amtierende Königin, die ein strammes Jahr hinter sich hat. Als "Promi auf Zeit" hat sie den deutschen Wein zwölf Monate lang repräsentiert, war dabei unter anderem in New York und Singapur. Eine ganz tolle Zeit, wie sie sagt, auch wenn es anstrengend gewesen sei, jeden Tag von morgens bis abends Botschafterin des deutschen Weins zu sein. Einer der Höhepunkte war für die junge Winzerin den "Ball des Weines" in Wiesbaden zu moderieren, wo Annika Strebel in die Fußstapfen von Fernsehmoderatorin Barbara Schöneberger getreten ist. Die Fernsehentertainerin hatte nämlich 2010 durch den Ballabend geführt. "Damals habe ich noch geholfen, Wein auszuschenken", sagt Strebel, die zwei Jahre später dann selbst auf der Bühne stand und dort, wie sie sagt, "eine 1A-Moderation hingelegt" hat. Dass ihre Amtszeit nun zu Ende geht, darüber freut sich vor allem der Freund der Königin, aber auch die Gekrönte selbst. "Ich bin dankbar für alles, was ich erleben durfte", sagt die 24-Jährige, die nun endlich wieder mehr Zeit für ihren Freund, aber auch für ihr Weinbaustudium hat. Sie kennt die sechs Kandidatinnen, aus denen am Wochenende die Nachfolgerin gewählt wird. Und sie wünscht jeder viel Glück.
Die Mosel ist unter den sechs Finalistinnen, die am Wochenende ins Rennen gehen, leider nicht mehr vertreten. Königliche Hoheiten gibt es dort aber dennoch. Seit ihrer Krönung vor gut einem Jahr taucht die quirlige Anna Burg immer wieder auf Weinfesten in der Verbandsgemeinde Schweich auf. Zuletzt bei der Weinprobe auf dem Feller Markt.
"Ich habe dort einen Auxerrois präsentiert", sagt die 19-Jährige. Für den Longuicher Wein zu werben ist ihre Hauptaufgabe. Rund 20 lokale Termine hatte sie im ersten Königinnenjahr. "Wenn ich mit den Gummistiefeln aus dem Weinberg komme und dann später mein rotes langes Kleid anziehe, ist das wie eine Verwandlung", sagt die blonde Majestät, die von Kindesbeinen an im elterlichen Betrieb leidenschaftlich mitanpackt.
Die Krone, die sie wie einen Schatz auf einem schwarzen Kissen in ihrem Zimmer hütet, sei das I-Tüpfelchen. In diesem Outfit falle es leicht, die selbst geschriebenen Reden zu halten. "Mir ist es wichtig, authentisch zu sein", erklärt die angehende Weinbau- und Önologie-Studentin. Sie liebt das Produkt, für das sie wirbt und das sie sogar als ihren Lebensinhalt bezeichnet. Während der Terminkalender von Anna I. noch ausreichend Platz für Schule, die Arbeiten im Weinberg oder für Freizeit lässt, war der von Carina Curmann (ehemals Dostert) in dem Jahr 2000/2001, als sie Deutsche Weinkönigin war, proppenvoll. "An 280 Tagen war ich quer durchs Land und weltweit unterwegs", sagt die heute 33-jährige Winzerin aus Nittel. International hatte sie auf Tourismusmessen, Veranstaltungen wie Weinfesten oder -proben für den deutschen Wein geworben. Von Japan mit seiner beeindruckenden Kultur schwärmt sie heute noch besonders. Generell habe die Deutsche Weinkönigin im Ausland einen höheren Stellenwert als im eigenen Land. "Die Wertschätzung ist international sehr hoch", sagt Curman rückblickend. Ein guter Nährboden für Werbung. Aber es habe auch schwierige Momente gegeben: Auf einem Fest in der Nähe von Kiel, in einem von Gegröle durchsetzten Bierzelt, sei sie an ihre Grenzen gestoßen. Aber das sei eine Ausnahme gewesen. Die Fotos aus ihrer Zeit als Deutsche Weinkönigin sind mittlerweile etwas weiter aus Sichtweite gerückt: "Sie hängen nun im dritten Stock unseres Weinguts", verrät die ehemalige Botschafterin der edlen Tropfen. Ein japanisches Filmteam habe sie kürzlich dort entdeckt und sei ganz begeistert gewesen. Das charmante Engagement als Weinkönigin wirkt eben.

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