Vor der Pflege alles regeln

TRIER. Für 7500 Menschen aus der Region regeln gesetzliche Betreuer das Leben, wenn’s um Geld, Wohnen und Gesundheit geht. Die Notwendigkeit beurteilen die Amtsgerichte. In weniger als einem Prozent der Fälle gibt es Ärger. Dabei kann jeder sein Leben im Ernstfall ganz einfach im Vorfeld regeln.

 7500 Menschen im Raum Trier stehen unter gesetzlicher Betreuung. Das sind mehr als in Alten- oder Behindertenwohnheimen leben. Foto: Gabi Vogelsberg

7500 Menschen im Raum Trier stehen unter gesetzlicher Betreuung. Das sind mehr als in Alten- oder Behindertenwohnheimen leben. Foto: Gabi Vogelsberg

Alt, gebrechlich, demenzkrank und selbst nicht mehr in der Lage, sein Leben zu bestimmen, einfach ausgeliefert sein - dieses Schreckgespenst kennt wohl jeder Erwachsene aus eigenen Überlegungen. Allerdings regeln unzählige Gesetze im Bürgerlichen Gesetzbuch die vom Amtsgericht zu bestellende Betreuung. "Und entmündigt ist man dadurch auch nicht, denn dieses Gesetz wurde durch die Änderung im Betreuungsrecht bereits 1992 abgeschafft", entkräftet Gerrit Rauen, diplomierter Rechtspfleger beim Amtsgericht Daun, derartige Ängste. Zwar könne jeder, der erkennt, dass ein Erwachsener relevante Dinge des Lebens nicht mehr selbst regeln könne, die gesetzliche Betreuung fordern, aber die Amtsgerichte entscheiden darüber. "Dafür brauchen wir unbedingt ein ärztliches Gutachten und einen Sozialbericht der jeweiligen Sozialabteilung der Kreisverwaltung", erklärt Rauen. Betreuer können Angehörige, Bekannte, Mitarbeiter eines Betreuungsvereins oder Berufsbetreuer werden. "Im Verfahren wird die betroffene Person persönlich vom Amtsrichter angehört. Sie kann Wünsche äußern, und wenn sie das nicht mehr kann, wird ein Verfahrenspfleger für ihre Interessen bestellt", beschreibt er das übliche Prozedere. Allerdings würden immer häufiger so genannte Betreuungsverfügungen (BV) oder Vorsorgevollmachten vorliegen, wonach dann gehandelt würde. Auch ist der Betreuer nicht automatisch für alle Lebensbereiche zuständig. Die Aufgabengebiete Gesundheitsfürsorge, Vermögen oder Unterbringung und Wohnen können einzeln vergeben werden. Im Infoheft "Wer hilft mir wenn…" des rheinland-pfälzischen Justizministeriums stehen viele klassische Beispiele. Die Angst, raffgierigen Verwandten ausgeliefert zu sein, kann durch eine BV eliminiert werden. Beispielsweise kann in der BV stehen: "Mein Bruder Rudolf soll Betreuer werden, nicht jedoch mein Bruder Richard" oder "Ich möchte auf keinen Fall, dass einer meiner Angehörigen Betreuer wird". Getreu dem Motto "Alte Bäume verpflanzt man nicht", möchten viele Senioren möglichst lange im eigenen Haus wohnen bleiben. Der Zusatz in der BV: "Zur Zahlung von Pflegekräften soll, wenn nötig, das Vermögen aufgebraucht werden und dafür kann auch der Grundbesitz höchstmöglich belastet werden", macht alles klar. Rauen gibt ein Beispiel: "Wir haben einen Fall, da hat eine Dame 100 000 Euro Barvermögen. Keines ihrer vier Kinder ist Betreuer. Da sie gerne ein Einzelzimmer im Pflegeheim hätte, fragte ihr gesetzlicher Betreuer nach, ob er die höheren Kosten ausgeben dürfe. Wir haben es genehmigt, weil sie dann glücklich im Heim ist." Ärger in den Betreuungsverhältnissen gebe es in weniger als einem Prozent der Fälle. "Erklären sie mal einem Spielsüchtigen, dass er nicht mehr spielen darf. Da können sie als Betreuer einsetzen, wen sie wollen. Es wird immer Zwist geben", meint Rauen. Noch seltener werde ein Kontrollbetreuer für den Betreuer bestellt. Bei seinen knapp 700 Fällen im Amtsbezirk sei dies nur einmal der Fall. Ein Wechsel des Betreuers ist auf Antrag und Genehmigung des Gerichts jederzeit möglich. Ein Betreuer muss dem Gericht jährlich einen Bericht vorlegen. Wer auf "Nummer sicher" gehen und auch im Betreuungsfall selbstbestimmend bleiben will, sollte eine Vorsorgevollmacht hinterlegen - raten Experten. Das kann eine Generalvollmacht oder Betreuungsverfügung sein. Seit März kann jeder Bürger sie im zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer eintragen lassen - gegen eine Gebühr zwischen 13 Euro und 20 Euro.

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