Vorwurf: Millionenbetrug mit Aids-Mitteln

Krumme Geschäfte mit Aids-Medikamenten beschäftigen Polizei und Justiz: Pharmahändler sollen für Afrika bestimmte Pillen umgeleitet und teuer in Deutschland verkauft haben. Zwischen Vorwürfen gegen eine Pharmafirma in Schleswig-Holstein und denen gegen ein Eifeler Unternehmen sehen die Ermittler offenbar keine Verbindung.

 Firmensitz von CC Pharma in Densborn: Gegen das Unternehmen wird wegen illegalen Medikamentenimports ermittelt. TV-Foto: Mario Hübner

Firmensitz von CC Pharma in Densborn: Gegen das Unternehmen wird wegen illegalen Medikamentenimports ermittelt. TV-Foto: Mario Hübner

Trier. Zunächst hatte nur der Verdacht bestanden, dass das in Densborn (Vulkaneifelkreis) sitzende Unternehmen CC Pharma illegal Krebsmedikamente aus dem Nicht-EU-Land Türkei nach Deutschland eingeführt und hier verbotenerweise verkauft hat (der TV berichtete). Laut dem deutschen Arzneimittelgesetz dürfen in Deutschland nur Medikamente verkauft werden, die hier oder in EU-Mitgliedsländern zugelassen sind.

Im Zuge dieser seit über einem Jahr laufenden Ermittlungen gegen den Arzneimittelimporteur aus der Eifel sind die Trierer Staatsanwaltschaft und das Bundeskriminalamt auch auf Hinweise gestoßen, dass CC Pharma auch Aids-Medikamente, die eigentlich für Südafrika vorgesehen waren, illegal in Deutschland verkauft haben soll. Auch sie sollen aus der Türkei stammen.

Offenbar ist der angebliche Betrug mit Medikamenten gegen den aidsverursachenden HI-Virus kein Einzelfall. Neben den Staatsanwälten in Trier ermitteln auch die in Flensburg und Lübeck gegen Firmen, die ebenfalls solche Mittel illegal in Deutschland verkauft haben sollen. Und das mit satten Gewinnen. Reimportierte Medikamente müssen als solche gekennzeichnet und billiger als die Originalpräparate sein. Das war bei den betreffenden HIV-Mitteln aber womöglich nicht der Fall. Sie sollen zu regulären Preisen verkauft worden sein. Dadurch sei allein der AOK Niedersachsein ein zweistelliger Millionenschaden entstanden, heißt es.

Ob der AOK Rheinland-Pfalz durch den angeblichen Betrug von CC Pharma ein Schaden entstanden ist und wie groß er sein könnte, kann die Krankenkasse derzeit noch nicht sagen. Insgesamt neun Millionen Euro hat die AOK Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr für HIV-Medikamente ausgegeben. Bei der Trierer Staatsanwaltschaft geht man nicht davon aus, dass die Fälle in Lübeck und Flensburg mit dem in Densborn zusammenhängen. Es gebe keine Hinweise auf Verbindungen zwischen den einzelnen Firmen, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Albrecht auf Anfrage unserer Zeitung.

CC Pharma hat sich bereits kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe gewehrt. Die HIV-Mittel stammten von einem Großhändler aus Großbritannien und hätten eine deutsche Verpackung und eine EU-Zulassungsnummer gehabt. Es sei daher nicht ersichtlich gewesen, dass die Präparate für Südafrika bestimmt gewesen seien, ließ das Unternehmen verkünden. Hintergrund Medikamenten-Skandale hat es in Deutschland schon öfter gegeben. Hier zwei spektakuläre Fälle: 2005 wurden in Saarbrücken vier Männer zu Haftstrafen verurteilt, die gefälschte Medikamente mit gefährlichen Inhaltsstoffen verkauft hatten. Die Angeklagten hatten bei Internetgeschäften mit falschen Potenzmitteln und anderen meist wirkungslosen Präparaten Eurobeträge in Millionenhöhe ergaunert. Die Ware hatten die Angeklagten angeblich über Hintermänner in Spanien und Israel bezogen. Seit 2007 ermitteln mehrere Staatsanwaltschaften wegen illegal eingeführter Krebsmedikamente. Rund 70 Apotheker sollen über Pharmahändler Bestandteile für Zellwachstums-Hemmer aus dem Ausland bezogen haben. Die Medikamente für Krebspatienten sind in anderen Ländern viel günstiger und in Deutschland nicht zugelassen. Bei den Krankenkassen sollen die Apotheker - unter anderem aus Augsburg, Braunschweig, Celle, Kiel und Wuppertal - den in Deutschland üblichen Satz abgerechnet und so hohe Gewinne erzielt haben.

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