Wachhund gegen Elektrosmog

(red) Eine gemeinsame Initiative des Ministeriums für Umwelt und Forsten und der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz soll die Gefahren durch Elektrosmog im Mobilfunk beleuchten. Dazu wurde am Mittwoch der "Mainzer EMF-Wachhund" ins Leben gerufen.

EMF steht für Elektromagnetische Felder. Das neue Projekt ist hervorgegangen aus der vom Umweltministerium einberufenen Expertenrunde „Gesunde Menschen, gesunde Umwelt“, die zuletzt die Informationsschrift „Mobilfunk und Elektrosmog herausgab. Der Projektgruppe „Mainzer EMF-Wachhund“ gehören Mediziner verschiedener Fachrichtungen von der Umweltmedizin bis zur Neurologie an. Der „Mainzer EMF-Wachhund“ hat es sich zur Aufgabe gesetzt, zusammen mit der Bevölkerung ein wachsames Auge auf gesund­heitliche Störungen zu werfen, die mit elektrischen, magnetischen oder elektromagnetischen Feldern in Zusammenhang gebracht werden. Die Initiative wird von der Universität Mainz betreut, da sich hier Wissenschaftler und Ärzte verschiedener Disziplinen seit langem mit biologischen Wirkungen von elektromagnetischen Feldern beschäftigt haben und mit den einschlägigen Sorgen Betroffener vertraut sind. Der Mainzer EMF-Wachhund ist eine Meldestelle, an die sich alle wenden können, die sich durch elektromagnetische Felder körperlich und/oder psychisch beeinträchtigt glauben. Jede Meldung wird genau registriert und wissenschaftlich analysiert. Die Initiative arbeitet in zwei Richtungen: Die gewonnenen Daten sollen die Grundlage dafür bieten, eine ärztlich-wissenschaftliche Anlaufstelle für Personen einzurichten, die unter elektrischen, magnetischen oder elektro­magnetischen Feldern leiden. Es sollen langfristig Strategien zur Therapie der berichteten Beschwerden entwickelt werden. Die gewonnenen Daten sollen in anonymisierter Form wissenschaftlich aufbereitet und den Entscheidungsträgern in Ministerien, Kommunen, Verbänden, Industrie und der Ärzteschaft zur Verfügung gestellt werden, damit die Ergebnisse in relevante Entscheidungsprozesse einfließen können.

Fragebogen ab sofort im Internet

In der ersten Phase des Projektes wird der Bevölkerung drei Monate lang die Möglichkeit gegeben, dem „Mainzer EMF-Wachhund“ Beschwerden und Beeinträchtigungen durch elektromagnetische Felder per standardisiertem Fragebogen weiterzuleiten. Der Fragebogen ist ab sofort auf der Homepage des „Mainzer EMF-Wachhundes“ zu finden unter: http://www.mainzer-emf-wachhund.de . Zahlreiche Medien beteiligen sich an der Aktion. Der Wachhund-Fragebogen ist auch über die Internet-Seiten des Trierischen Volksfreunds und anderer Medien zu finden. Außerdem liegt der Fragebogen in gedruckter Form in der Geschäftsstelle der kassenärztlichen Vereinigung Rheinhessen in Mainz aus. Das Online-Formular kann auch per Download aus dem Internet geladen und per Post an die Universität Mainz geschickt werden. Eine Zwischenauswertung nach den ersten sechs Wochen soll zeigen, ob die Betroffenen diese Form der Befragung annehmen. Auf sechs Seiten können alle, die sich durch elektromagnetische Felder beeinträchtigt fühlen, Auskunft geben über

Art und Herkunft der Beschwerden mögliche Expositionsquellen bereits durchgeführten Schutz-Maßnahmen Therapie der Beschwerden Eine standardisierte Frageliste ermöglicht eine Beschwerden-Rangfolge und gibt Hinweise auf mögliche Begleiterkrankungen. Das Ausfüllen des Fragebogens dürfte nicht länger als 15 bis 20 Minuten in Anspruch nehmen. Anonyme Meldungen ebenso wie unspezifische Meldungen von Gruppen werden nicht bearbeitet. Jede Einzelperson soll einen eigenen Fragebogen mit der präzisen Schilderung der gesundheitlichen Beschwerden ausfüllen. Zwar werden Meldungen, die nicht Gesundheits- sondern Gerätestörungen betreffen, nicht in die Untersuchung eingearbeitet, sie sind aber trotzdem willkommen und werden nach Zustimmung an ein entsprechendes Institut der Universität Kaiserslautern weitergeleitet. Mit dem Ausfüllen des Fragebogens stimmt der Betroffene der elektronischen Erfassung und anonymen Auswertung zu. Außerdem ist es möglich, dass sich der „Mainzer EMF-Wachhund“ in Einzelfällen schriftlich, telefonisch oder per e-mail an den Ausfüller des Fragebogens wendet, um durch weitere Befragungen, Untersuchungen oder Messungen den beschriebenen Beschwerden nachzugehen – wenn der Betroffene einverstanden ist. Jeder Betroffene hat jederzeit das Recht auf die Löschung seiner Daten, die überdies nur nach dessen ausdrücklicher Zustimmung an Dritte weitergegeben werden.

Gesundheitsstörungen durch elektromagnetische Felder?

Gesundheitsschädigende Folgen durch die Exposition gegenüber elektrischen, magnetischen oder elektromagnetischen Feldern (EMF) werden seit Jahrzehnten sehr kontrovers diskutiert. Unbestritten ist, dass elektromagnetische Felder bei ausreichend hoher Intensität biologische Effekte hervorrufen können, z. B. Reizwirkungen im Niederfrequenzbereich oder Wärmewirkungen im Hochfrequenzbereich. Diese Wirkungen sind gut erforscht und bilden die Grundlage für die Grenzwerte der „International Commission for Non-Ionizing Radiation Protection“ (ICNIRP). Unklar ist, ob auch nachteilige Wirkungen auf die Gesundheit unterhalb der von ICNIRP empfohlenen Grenzwerte möglich sind. In hoch technisierten Ländern ist die Bevölkerung ständig den verschiedensten elektromagnetischen Feldern ausgesetzt. Im Haushalt gehen EMF von allen elektrischen Geräten wie Radio, Fernsehapparat, Elektroherd, Beleuchtungskörpern, Telefonen, Waschmaschinen, Geschirrspülern etc. aus. Aber auch elektrische Leitungen und elektrisch betriebene Verkehrsmittel wie Straßen- und Eisenbahnen erzeugen EMF. Von künstlichen statischen Magnetfeldern profitieren wir zum Beispiel in der medizinischen Diagnostik (Kernspintomografie). Über weite Entfernungen sich ausbreitende EMF gehen in Form von Funkwellen von Radio-, Fernseh- und Mobilfunksendern aus. Aber auch Betriebsfunk (z.B. Polizei, Feuerwehr oder Firmendienste), Flugfunk, Satellitenkommunikation, Amateur- oder CB-Funk sind zu berücksichtigende Funkanwendungen. Unterhalb der bestehenden Grenzwerte der 26. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz gibt es bislang keine gesicherten Erkenntnisse über gesundheitsschädigende Wirkungen. Dies hat die deutsche Strahlenschutzkommission in ihrer Bewertung der derzeit vorliegenden wissenschaftlichen Arbeiten festgestellt. Sie räumt allerdings ein, dass es noch eine Reihe offener Fragen gibt, sodass weiterer Forschungsbedarf vorhanden ist. In der Bevölkerung besteht vor allem die Sorge, dass die zunehmende Anzahl von Mobilfunk-Basisstationen ein gesundheitliches Risiko darstellt. Zwar ist nach derzeitigen Erkenntnissen die von den Basisstationen ausgehende Feldbelastung weit geringer als zum Beispiel beim Telefonieren mit dem Handy, es handelt sich bei den Basisstationen jedoch um eine unfreiwillige Exposition, die den ganzen Tag über aktiv ist. Auch ist die Frage aufgekommen, ob es Personen gibt, die empfindlicher auf elektromagnetische Felder reagieren als die Allgemeinheit. Erfahrungsmedizin und Wissenschaft kommen gerade bei der Frage der Elektrosensibilität zu unterschiedlichen Ergebnissen. Weil bislang ein direkter und strukturierter Weg fehlte, wie Betroffene den Wissenschaftlern ihre Beschwerden mitteilen können, wurde der Mainzer „EMF-Wachhund“ ins Leben gerufen.

Kontaktadressen:

Johannes Gutenberg Universität Mainz, Institut für Med. Biometrie, Epdemiologie und Informatik, Priv. Doz. Dr. Schüz, 55101 Mainz Telefon: 06131/17-3113,Telefax: 06131/17-2968, Mail: schuez@imbei.uni-mainz.de

Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, Dr. Arnold Heerd, Kaiser-Friedrich-Str. 1, 55116 Mainz, Telefon: 06131/16-4610, Telefax: 06131/16-4644, Mail: Arnold.Heerd@muf.rlp.de

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