Wackliges Milliardenversprechen: Schüler in Rheinland-Pfalz bangen um neue Tablets

Mainz/Berlin · Rheinland-Pfalz hofft auf 240 Millionen Euro aus Berlin – doch das Geld kommt erst mal nicht.

Lehrergewerkschaften attackieren das Bildungsministerium in Mainz gerne, wenn ihrer Meinung nach zu wenig Lehrer vor den Schülern stehen oder kleinen Dorfschulen das Aus droht. Geht es aber um die Frage, was digital in den Schulen passieren soll, sind sich Lobby und Politik plötzlich nahe."Manche Schule ist technisch noch wie in der Steinzeit ausgerüstet", warnt Hjalmar Brandt, der Geschäftsführer des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) ist.

Und fügt hinzu: "Das Land alleine die digitale Aufrüstung nicht bezahlen. Dafür braucht es Hilfe des Bundes."
Die hat Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) noch im alten Jahr angekündigt. Fünf Milliarden Euro sollen in die Länder fließen, wie für W-Lan oder Tablets. Gut 240 Millionen Euro erhofft sich davon Rheinland-Pfalz. Auf einem Konto gelandet ist das Geld noch nicht. Und wird es vorerst auch nicht. Das Bundesbildungsministerin kündigt auf TV-Anfrage an, dass eine Bund-Länder-Vereinbarung bis Ende des Jahres geschaffen werden solle.

Nach wie vor gibt es Konflikte: Aus dem rheinland-pfälzischen Bildungsministerium teilt Sprecherin Sabine Schmidt mit, man wisse, dass die angekündigten fünf Milliarden Euro weder im Bundeshaushalt noch für die Zukunft im Etat stehen. Als Bund und Länder bei der jüngsten Kultusministerkonferenz ein gemeinsames Eckpunktepapier anstrebten, sagte Bildungsministerin Wanka den Termin ab. Sie war verhindert. Mehrere Medien berichten, dass es Zerwürfnisse mit Finanzminister Wolfgang Schäuble geben könne, der von den Milliardenplänen erst aus der Zeitung erfahren haben soll. Das Ministerium bestreitet dies.

Die Länder erhöhen nun den Druck. Susanne Eisenmann (CDU), Präsidentin der Kultusministerkonferenz, verlangt in einem Brief an Wanka Aufklärung. Rheinland-Pfalz sieht den Ball ebenfalls bei der Ministerin. Die Länder hätten ein gefordertes Eckpunktepapier zum Digitalpakt erarbeitet, sagt Bildungsstaatssekretär Hans Beckmann. "Wir fordern den Bund auf, seine Versprechungen ernst zu nehmen und seinen Anteil zu leisten."

Das Bundesbildungsministerium kontert, das Eckpunktepapier sei nur vorläufig, da die Verhandlungsführer des Bundes verhindert gewesen seien. Erst wenn dieses gemeinsam beschlossen sei, stehe der Schritt an, Mittel im Haushalt zu veranschlagen. Offensiver preschte da in dieser Woche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vor, der Schulen ab sofort Geld aus einem Milliardentopf des Bundes zum Breitbandausbau ermöglichen will. In den Ländern hat das offenbar noch mehr Verwirrung gestiftet. Beckmann sagt: "Wir würden es begrüßen, wenn Johanna Wanka die vielen Spekulationen beenden und sich endlich eindeutig positionieren würde."

29.555 LAPTOPS UND TABLETS
umfasst die technische Ausstattung der Schulen in Rheinland-Pfalz. Diese Zahl nannte das Bildungsministerium in Mainz auf eine Kleine Anfrage aus der AfD-Fraktion. Das Ministerium hatte Mitte vorigen Jahres alle 1603 Schulen nach der technischen Ausstattung gefragt, allerdings nur von 1481 Schulen eine Antwort bekommen.
Die Zahl dürfte also noch über den 24 128 Laptops und 5427 Tablets liegen, die genannt wurden. Rund 13 000 Geräte wurden im Rahmen des Landesprogramms "Medienkompetenz macht Schule" angeschafft. (dpa)

Kommentar

Zögern schadet der Zukunft

Für Jugendliche ist es seit Jahren selbstverständlich, mit Smartphones, Tablets und Internet spielerisch umzugehen. In vielen Klassenzimmern schaut es aber finster aus, wenn es darum geht, die Mittel in den Unterricht einzubinden. Das Zögern des Bundes, wenn es um die Mittel zum Digitalpakt geht, hält die Zukunft nur noch weiter auf. Und es schadet. Bildungsministerin Wanka muss wissen, dass sie aus ihrer Ankündigung, die Länder zu unterstützen, nicht mehr rauskommen kann. Und große Debatten stehen erst noch an: Fünf Milliarden Euro sind nur ein Anfang. Und mehr Geld aus Berlin heißt für die Länder zugleich, sich fragen lassen zu müssen, welche Zuständigkeiten sie in der Bildung abgeben würden.
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f.schlecht@volksfreund.de

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