Wählen mit 16: Die Genossen sind fest entschlossen

Mainz · In Rheinland-Pfalz stoßen Pläne der neuen Landesregierung, das Wahlalter zu senken, auf wenig Begeisterung bei der Opposition. Ähnlich sieht es im Nachbarbundesland Nordrhein-Westfalen aus, wo CDU und FDP auf die Bremse treten. Warum eigentlich?

Mainz. Wer bei den rheinland-pfälzischen Liberalen nachfragt, wie deren Meinung zu einer Senkung des Wahlalters ist, der bekommt eine simple Antwort: Die FDP stehe hinter dem Koalitionsvertrag, sagt Parteisprecher Hartmut Höppner und fügt als Ergänzung noch den entsprechenden Passus aus dem rot-gelb-grünen Vertrag hinzu. Die Schmallippigkeit ist verständlich. Denn die Landes-FDP stand einer Wahlalter-Senkung bislang eher ablehnend gegenüber. Doch diese Kröte musste die Truppe um Parteichef Volker Wissing bei den Koalitionsverhandlungen wohl schlucken.
SPD und Grüne dagegen machten auch in der vergangenen Legislaturperiode bereits einen Anlauf, das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre zu senken. Vergeblich. Ohne Zustimmung der CDU kam die notwendige Zweidrittelmehrheit im Landtag nicht zustande. Der rot-grüne Vorstoß wurde im April 2013 abgeschmettert.
Auch im Nachbarbundesland Nordrhein-Westfalen gibt es wegen der von der rot-grünen Landesregierung beabsichtigten Absenkung des Wahlalters derzeit Streit unter den Parteien. CDU und FDP haben vorgeschlagen, die Entscheidung in die nächste Legislaturperiode zu vertagen, die Regierungsparteien sind dagegen. Die geplante Reform der Landesverfassung ist deswegen jetzt blockiert.
In Rheinland-Pfalz geben sich die Sozialdemokraten "fest entschlossen", das Wahlalter bis zu den nächsten Kommunalwahlen 2019 auf 16 Jahre abzusenken, wie Sprecher Timo Haungs unserer Zeitung sagte. Dabei sollen auch die anderen Fraktionen in die Gespräche einbezogen werden, betonen auch FDP und Grüne.
Wenig verwunderlich: Denn ohne 16 Stimmen aus dem Oppositionslager ist das für eine Verfassungsänderung notwendige Quorum nicht zu erreichen.Wenig Gegenliebe


Die CDU wiegelt ab. "Ungeeignet", bescheinigt Generalsekretär Patrick Schnieder der Ampelinitiative, noch bevor das Gesprächsangebot überhaupt eingetrudelt ist. Vor drei Jahren klang das Nein allerdings noch bestimmter. "Mit der rheinland-pfälzischen CDU nicht zu machen", kommentierten damals Parteiverantwortliche die Pläne der rot-grünen Landesregierung. Möglich also, dass eine Zustimmung der Union dieses Mal davon abhängt, was die Ampel bei Verhandlungen als Gegenangebot in die Waagschale wirft.
Bei den meisten Bürgern stoßen Pläne zur Senkung des Wahlalters auf wenig Gegenliebe. Nach einer wenige Monate zurückliegenden Umfrage im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung lehnen 80 Prozent der Befragten eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre ab.
Bei der Umfrage ging es allerdings um die Bundestagswahl. Bemerkenswert: Selbst von den betroffenen Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren unterstützt nur jeder Zweite den Vorschlag. Das Interesse scheint sich somit in Grenzen zu halten.Extra

In Deutschland ist es von Bundesland zu Bundesland verschieden, ob Jugendliche an Kommunal- oder Landtagswahlen teilnehmen dürfen. Nur in Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein dürfen schon 16-Jährige den Landtag mitwählen. Bei den Kommunalwahlen lassen die Bundesländer Baden-Württemberg, Brandenburg, Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Jugendliche an die Urnen. In Österreich dürfen 16-Jährige seit 2007 an allen Wahlen teilnehmen. seyExtra

In etlichen Städten und Gemeinden der Region gibt es inzwischen Jugendparlamente (Jupas). Rheinland-Pfalz-weit sind es knapp 50. Wer wählen darf, ist von Kommune zu Kommune unterschiedlich geregelt. In Trier etwa sind Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 17 Jahren wahlberechtigt, in Morbach zwischen 14 und 23 Jahren. Die Themen sind den Jung-Parlamentariern in der Regel selbst überlassen: Mal geht es um fehlende Räumlichkeiten, mal um eine Beachparty oder ein Kino-Open-Air, mal um Deutschbücher für Flüchtlinge oder Rechtsextremismus. Häufig haben die Entscheidungen der jungen Abgeordneten nur Empfehlungscharakter, müssen also noch von einem anderen Gremium aufgegriffen werden, um auch umgesetzt zu werden. Dies und eine fehlende finanzielle Ausstattung wird oft bemängelt, wenn über Sinn und Unsinn von Jugendparlamenten geredet wird. Sie hätten nur eine Alibifunktion und kaum Einflussmöglichkeiten auf die Politik. Einige Dinge laufen auch bei Jugendparlamenten nicht rund. In einem regionalen Jupa floppte etwa die Initiative, Jugendliche mit dem Bus zu einem Kinoabend zu bringen. In einem anderen Jupa warf die Vorsitzende hin, nachdem zu viele Parlamentarier Sitzungen geschwänzt hatten. Aber auch die Wahlbeteiligung hält sich in Grenzen: Lag sie bei der Wahl zum ersten Wittlicher Jugendparlament noch bei 24 Prozent, sackte sie bei der Wahl zum dritten Jupa in diesem Jahr auf schlappe 13 Prozent ab. sey

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