War es menschliches Versagen? - Pilot der Unglücksmaschine flog viel zu tief

Sehlem · Auch zwei Tage nach dem Flugzeugabsturz bei Sehlem steht die genaue Unglücksursache noch nicht fest. Wahrscheinlicher als ein technischer Fehler ist menschliches Versagen: Bei dichtem Nebel hätte der Pilot nicht auf dem Flugplatz Föhren landen dürfen, sagt die Deutsche Flugsicherung.

Sehlem. Für die Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) ist es Routine, in einem Flugzeugwrack nach Puzzleteilen zu suchen, die Aufschluss über den Hergang des Unglücks geben können. Die meisten Feuerwehrleute, die am Montagmittag an der Absturzstelle bei Sehlem Schneidewerkzeug und anderes technisches Gerät zur Verfügung stellten, hatten einen so schlimmen Unfall noch nicht erlebt: eine bis auf das Heck total zerborstene und ausgebrannte Cessna, in den Trümmern vier Leichen.

Die Opfer, ein Unternehmer-Ehepaar aus der Region Trier, 61 und 60 Jahre alt, ein 55-jähriger Pilot, der nach Informationen der Rheinischen Post in London wohnt, und ein 40-jähriger Copilot aus Remscheid, konnten erst am Montagmittag geborgen werden. Zunächst musste ein Hochspannungsmast, den die Maschine beim Landeanflug auf den Flugplatz Föhren gestreift hatte und der dadurch instabil geworden war, gesichert werden. Erst als ein Kran den Mast mit Gurten gesichert hatte, konnten Einsatzkräfte und Luftfahrt-Unfallexperten die Absturzstelle betreten und mit ihrer Arbeit beginnen.Züge fahren leicht verspätet


Laut Jens Friedemann von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) wird das Wrack routinemäßig auf drei Schwerpunkte untersucht: Menschen, Technik und Umweltfaktoren (siehe Extra). Die Überreste der Cessna sollen nicht, wie zunächst angenommen wurde, zur näheren Untersuchung in eine Halle transportiert werden. Es genüge, für eine Ermittlung relevante Teile wie Steuerungsinstrumente in Kisten mitzunehmen, sagt Friedemann. Es sei Aufgabe des Flugzeugeigentümers, das Wrack nach Freigabe abzutransportieren.

Unterdessen hat die Deutsche Flugsicherung (DFS) auf Volksfreund-Anfrage mitgeteilt, dass der Pilot bei dem am Sonntagmittag vorherrschenden dichten Nebel und mit Sichtflug nicht hätte in Föhren landen dürfen. Der kleine Flugplatz kann keinen Instrumentenflug unterstützen, wie das etwa auf dem Hahn oder in Luxemburg möglich ist. Auf einen dieser beiden Flughäfen hätte der Pilot ausweichen müssen, um sicher zu landen, sagt DFS-Sprecher Axel Raab. Letztlich könne aber niemand dem Piloten vorschreiben, was er zu tun habe. Die Entscheidung liege in seinem Ermessen.

Und der Pilot hatte, aus nördlicher Richtung kommend, offenbar völlig die Orientierung verloren. Er flog viel zu tief. Bevor es unmittelbar neben dem Mülldeponiegelände zum Crash gekommen sei, habe die Unglücksmaschine noch Baumwipfel berührt, sagt Peter Baus von der BFU.

Der beschädigte Strommast der Bahn soll repariert werden, die Hochspannungsleitung wurde stillgelegt. Die Züge auf der Strecke Koblenz-Trier werden nach Auskunft der Bundesbahn wohl am Freitag wieder normal verkehren. Bis dahin müsse im Personenverkehr weiter mit Verspätungen von etwa drei Minuten gerechnet werden. In Sehlem war der Absturz Gesprächsthema Nummer eins. "So tragisch es ist, es hätte ja noch mehr passieren können", sagt Bewohner Emil Prinz. "Nicht auszudenken, wenn die Maschine bei uns im Ort runtergegangen wäre."Extra

 Experten untersuchen das Wrack der Unglücksmaschine. Der Mast, den die Cessna streifte, wird von einem Kran gestützt. TV-Foto: Friedemann Vetter

Experten untersuchen das Wrack der Unglücksmaschine. Der Mast, den die Cessna streifte, wird von einem Kran gestützt. TV-Foto: Friedemann Vetter

Das Team von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) geht bei der Untersuchung eines Flugzeugwracks wie folgt vor: "Routine in drei Schritten", nennt es Jens Friedemann (TV-Foto: Albert Follmann). Zunächst gelte der Fokus den Insassen: Wer ist geflogen, wann war der letzte Medizin-Check der Piloten, was hatten die Fluggäste vor, wie war der Ablauf des Fluges? Dann kommt der Bereich Technik: Gab es Defekte, wie war der Lebenslauf des Flugzeugs, wann wurden die Systeme zuletzt überprüft, welche Geräte waren an Bord? Schließlich Punkt drei, die Umwelt: Wie war das Wetter, wie die Sicht - und gab es topografische Auffälligkeiten? alf

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