Warten auf den Tag X

Für die Stadt Trier mit ihrer desolaten Finanzsituation böte ein Konjunkturprogramm die Chance, dringend notwendige Investitionen auf den Weg zu bringen. Oberbürgermeister Klaus Jensen ist auf alle Eventualitäten vorbereitet, warnt aber vor überzogenen Erwartungen.

 Unterricht in der Wasser-Pfütze: So schlimm wie hier in einem inzwischen abgerissenen Trakt der Kurfürst-Balduin-Hauptschule sieht es an Trierer Schulen zum Glück nicht überall aus. Der Bedarf für ein Sanierungs-Programm ist trotzdem groß. TV-Foto: Archiv/Andreas Feichtner

Unterricht in der Wasser-Pfütze: So schlimm wie hier in einem inzwischen abgerissenen Trakt der Kurfürst-Balduin-Hauptschule sieht es an Trierer Schulen zum Glück nicht überall aus. Der Bedarf für ein Sanierungs-Programm ist trotzdem groß. TV-Foto: Archiv/Andreas Feichtner

Trier. Es ist kein Zufall, dass das Team der ARD-Tagesthemen auf der Suche nach anschaulichen Beispielen für dringenden kommunalen Investitionsbedarf ausgerechnet im Trierer Rathaus Station macht. Der triste Zustand von Schulen und Straßen in der Moselmetropole hat sich überregional herumgesprochen.

OB Jensen hat das Kamerateam zum Gebäude J der Berufsbildenden Schulen geschickt, das zum Leidwesen der Schulleitung im Schüler-Slang als "Kosovo" firmiert - was durchaus mit dem baulichen Zustand zu tun hat.

Immerhin hat man dort mit der Sanierung begonnen. Aber weitere, nicht minder bedürftige Trie-rer Erziehungsanstalten gammeln und bröckeln weiter vor sich hin. Auf 50 Millionen Euro wird der Sanierungsstau geschätzt. Da käme ein Sonderprogramm aus Berlin gerade recht.

"Wir haben etliche Projekte, die umsetzungsreif sind und die wir innerhalb von zwei Jahren auf den Weg bringen könnten", sagt Jensen. Die Planung sei in den meisten Fällen "weitgehend vorbereitet". Für zusätzliche Mittel "lasse ich sofort alles liegen und stehe Gewehr bei Fuß".

An das große Wunder glaubt der OB aber doch noch nicht so ganz. Zu vage die Ankündigungen, zu unklar die Verteilung möglicher Mittel. Insgeheim hat er mal ein bisschen gerechnet, so pi mal Daumen. Von einem Zehn-Milliarden-Programm würden rund 500 Millionen in Rheinland-Pfalz landen, und dann wäre irgendwas zwischen zehn und 15 Millionen für Trier drin. Nicht die Lösung aller Probleme, aber doch schon ein kräftiges Pfund.

Die Schwierigkeit ist nur, dass die möglichen Segnungen aus der Hauptstadt immer das Einbringen eines prozentualen Eigen-Anteils beim Empfänger voraussetzen. Die klamme Stadt müsste also ihrerseits einen beträchtlichen Millionenbetrag in die Hand nehmen. Das Geld ist aber nicht da, und eine zusätzliche Kreditfinanzierung würde den Verschuldungsrahmen sprengen, den die gestrenge ADD als Aufsichtsbehörde bislang erlaubt.

Oberbürgermeister Jensen könnte sich also samt seinem Stadtrat unversehens in der Situation des berühmten Esels wiederfinden, dem man eine schmackhafte Karotte vor die Nase bindet, die er freilich nie erreichen kann. "Es könnte", skizziert Jensen seinen Alptraum, "so kommen, dass uns die Mittel zwar theoretisch zustehen, wir sie aber nicht in Anspruch nehmen können".

Der Oberbürgermeister hofft auf Flexibilität bei der Aufsichtsbehörde, hält aber zusätzliche Kredite angesichts des Schuldenstands seiner Stadt nicht für die ideale Lösung. Er setzt darauf, dass Bund und Land ein eventuelles Konjunkturprogramm so ausgestalten, dass möglichst geringe Zusatz-Belastungen auf die Kommunen zukommen, die sich daran beteiligen wollen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass "Gebietskörperschaften, die ohnehin gut situiert sind, zugreifen, und die, die es am nötigsten haben, in die Röhre schauen". Ein derartiger Mitnahme-Effekt könne nicht der Sinn eines solchen Programms sein.

Kommende Woche Gespräch mit dem Finanzminister

 OB Klaus Jensen. Foto: TV-Archiv

OB Klaus Jensen. Foto: TV-Archiv



Für den Tag X ist Trier jedenfalls gerüstet. "Wir sind dabei, die am besten geeigneten Projekte zusammenzustellen", versichert der OB. Vor allem im Schulbereich gebe es genug "unkritische Vorhaben", die auch von der aktuellen Schulentwicklungsplanung nicht tangiert seien. Kommende Woche, gleich nach der voraussichtlichen Koalitionsentscheidung, will er mit dem Mainzer Finanzminister über die Trie-rer Situation reden.

Im Idealfall könnte der Stadtrat schon in seiner Januar-Sitzung die notwendigen Weichen stellen. Aber das, sagt selbst der Optimist Jensen, sei "angesichts der vielen offenen Fragen doch wohl etwas zu ehrgeizig".

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