Warum Bio teurer ist

Europaweit geben die Deutschen für Nahrung am wenigsten Geld aus. Sie sind zwar daran interessiert, dass Tiere artgerecht gehalten und die Umwelt geschont wird, wollen für biologisch hergestellte Lebensmittel trotzdem nicht mehr zahlen. Die sind in der Tat auch nicht ganz billig. Laut der Zeitschrift Öko-Test liegt der Aufpreis zwischen 40 und 50 Prozent. Bei Fleisch kann die Sache noch teurer werden, denn der Aufpreis kann bis zu 100 Prozent betragen.

Interessant ist dabei, dass "Bio-Haushalte" in der Summe dann doch nicht so viel Geld fürs Essen ausgeben wie Haushalte, die konventionell hergestellte Lebensmittel kaufen. Das liegt vor allem daran, dass von "Biokäufern" insgesamt weniger Fleisch und Süßigkeiten konsumiert werden und der Anteil an alkoholischen Getränken und Genussmitteln geringer ist. Stellt sich nun die Frage, warum Öko-Produkte so viel teurer sind als die konventionell hergestellten. Oder vielmehr, warum konventionelle Lebensmittel so billig produziert werden können.

Wie es zum Preisverfall kam



Den Verbraucher freut's: Schon seit Jahrzehnten liegt der Anstieg der Nahrungsmittelpreise unter dem der allgemeinen Lebenshaltungskosten. Die Bauern haben das Nachsehen: Denn die Erzeugerpreise sind gefallen, wohingegen die Ausgaben für landwirtschaftliche Betriebsmittel gleich hoch geblieben sind. Als Ergebnis hat der Ertragsrückgang zu einem enormen Rationalisierungszwang (zum Beispiel Mechanisierung, Chemisierung der Produktion) geführt. Manch kleinen beziehungsweise mittleren Hof hat das die Existenz gekostet. Laut einer Erhebung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mussten in den letzten 50 Jahren allein in Deutschland über eine Million landwirtschaftlicher Betriebe ihre Tore schließen. Unter diesen Umständen konnten nur Großbetriebe weiter existieren.

Auch die Lebensmittelindustrie ist unter großem Druck. Denn sie ist gezwungen, landwirtschaftliche Rohstoffe möglichst billig einzukaufen - europa- und weltweit - denn in Süd- und Osteuropa sowie in den Entwicklungsländern kann wegen niedriger Löhne billiger produziert werden.

Im Lebensmittelhandel herrscht eine starke Konzentration der Anbieter, die zu einem ruinösen Wettbewerb geführt und die Preise weiter gedrückt hat. Dieser Zwang zur billigen Produktion, Verarbeitung und Vermarktung hat auch den Boden für die Lebensmittelskandale bereitet, von denen wir seit Jahren hören. Hormone und Antibiotika im Kalbfleisch, Schweinepest, BSE, Salmonellen in Geflügelfleisch, Glykol im Wein sind nur einige Beispiele unter vielen.

Zu bedenken ist auch, dass die ökologischen und sozialen Folgekosten der billigen Produktion (zum Beispiel durch Trinkwasseraufbereitung zur Entfernung von Pflanzenbehandlungsmitteln und Nitraten und den hohen Energie- und Rohstoffverbrauch) zum Teil von den Steuerzahlern mitgetragen werden. Letztlich sind die so billig gekauften Lebensmittel also doch teurer, als wir ahnten. Wir bezahlen sie eben nur nicht direkt an der Kasse des Supermarktes.

Bio zahlt sich langfristig aus



Die ökologische Landwirtschaft erzeugt Lebensmittel im Einklang mit Mensch, Tier und Umwelt. Sie benötigt deshalb deutlich weniger Dünger und Energie als die konventionelle Landwirtschaft. Da sich Biowirte aber nicht der Rationalisierung anschließen, müssen sie einen höheren Arbeitsaufwand im Pflanzenbau und in der Tierhaltung erbringen. Dabei erzielen sie natürlich geringere Einkünfte. Deshalb können Öko-Produkte natürlicherweise nicht genau so billig sein, wie konventionell erzeugte Lebensmittel.

Andererseits: Würden neben den klassischen Vermarktungsschienen (zum Beispiel Naturkostläden, Reformhäuser) neue Verkaufsstätten (wie Bio-Supermärkte) noch stärker etabliert und das Angebot im konventionellen Lebensmittelhandel erhöht, würden mehr Menschen Öko-Produkte kaufen. Erhöhte Absatzmengen würden die Preise natürlicherweise sinken lassen.

Den Verbraucher befragt



Verbraucherbefragungen zeigen, dass die höheren Preise tatsächlich eine Kaufbarriere darstellen. Weitere Gründe sind die mangelnde Verfügbarkeit und die fehlende Wahrnehmung der Produkte. Das bedeutet, dass sie nicht dort angeboten oder erkannt werden, wo die Kunden gerne einkaufen. Einige Kunden sind auch durch zu viele Marken oder Labels verwirrt und trauen sich nicht zu, "wirkliche" Bioprodukte zu erkennen.

Nicht zu unterschätzen ist auch, dass viele Deutsche billige Lebensmittel für ein Zeichen von Fortschritt und hohem Lebensstandard halten. Und sie erfreuen sich einer gewissen "Schnäppchenmentalität": Das, was über Lebensmittel eingespart wird, kann woanders (zum Beispiel Urlaub) wieder ausgegeben werden.

Mehr Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft zu verwenden scheint aber keine Frage des Einkommens zu sein, sondern entspringt der Wertschätzung gegenüber der eigenen Gesundheit, der Umwelt und den sozialen Aspekten des Ernährungssystems.Quelle: gesundheit.de