Warum es sich lohnt, dass Triers Forscher an einem Strang ziehen

"Treveris ex urbe ..." (Von der Stadt Trier aus ...) - mit dieser selbstsicheren Inschrift hatte die alte Trierer Universität ihr Siegel versehen. Die Gründung der Hohen Schule im Jahr 1473 ruhte auf mehreren Schultern. "Schulter" ist ein Bild, das die Wissenschaft gerne bemüht. Das Gleichnis des Zwergen auf den Schultern von Riesen ist seit Bernhard von Chartres (1120) immer wieder aktualisiert worden und soll bei allem, was wir aktuell tun, die Bedeutung der Vergangenheit hervorheben. Auch die Wissenschafts- allianz Trier sieht sich als Ergebnis eines Schulterschlusses. Ein Gastbeitrag von Professor Michael Jäckel, dem Präsidenten der Universität Trier.

Die Wissenschaftsallianz Trier steht für eine Standortinitiative, die das Wissen und die Erfahrung der beteiligten Partner für zentrale Zukunftsaufgaben nutzen möchte, also nach vorne schaut. Zukunftsgewissheit kann es in einer Welt, die unentwegt nach Möglichkeiten ruft, natürlich nicht geben. Aber bevor ein nicht enden wollender Redeschwall über zu erwartende Krisen und Risiken als Last erlebt wird, die keiner tragen möchte, kommt dieser Verbund zur rechten Zeit. Am 26. September 2014 wurde im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung zu "City Campus trifft Illuminale" die Etablierung eines gemeinschaftlichen Projektes öffentlich verkündet: Die Gründung der Wissenschaftsallianz Trier ist auch Ausdruck einer in den letzten Jahren intensivierten Zusammenarbeit zwischen den beiden Hochschulen und der Stadt. In der Wissenschaftsallianz arbeiten Akteure aus Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Politik und Kultur verstetigt und regelmäßig zusammen. Sie richtet ihren Blick auf die Stärkung der Region, die als solche auch überregional wahrgenommen werden soll. Das ist das gemeinsame Interesse aller Mitglieder. Die Gründung schafft für sich genommen noch keine Besonderheit, oder - wie es in der Sprache des Strategischen Managements heißt - eine unique selling proposition (kurz: USP). Auch Mainz und Kaiserslautern haben solche Allianzen bereits ins Leben gerufen. Trier betritt dennoch nicht völliges Neuland. Weder haben die Hochschulen nebeneinander existiert noch die Stadt und die Kammern, die Museen und andere kulturelle Einrichtungen allesamt als Einzelgänger agiert. Im Gegenteil: Die Liste interessanter und erfolgreicher Aktivitäten ist lang. Aber es zeichnet sich eben ab, dass es Aufgaben gibt, die gemeinsam noch besser gelöst oder eben gemeinsam eher zum Erfolg geführt werden können. Trier lebt als Universitätsstadt von der Mobilität, die mit jeder neuen Studierendengeneration, aber auch mit jedem kreativen Kopf, der sich für Trier entscheidet, neue Impulse erhält. Eine Willkommenskultur, die auf vielen Säulen ruht, ist somit definitiv eine Gemeinschaftsaufgabe.Eine Gemeinschaftsaufgabe ist auch das Arbeiten an und mit der kulturellen und historischen Tradition, die vielerlei Anlass für Kooperationen geboten hat - man denke an die Ausstellung "Fremdheit und Armut" - und weiterhin bieten wird: Vor wenigen Tagen haben das Museum am Dom und das Fach Kunstgeschichte der Universität Trier einen museumspädagogischen Schulterschluss vollzogen. Das Fach Alte Geschichte der Universität geht gemeinsam mit einer Abteilung der Hochschule Trier neue Wege in der Erschließung und Reproduktion historischen Materials. Große Ausstellungsprojekte wie "Nero 2016" und "Karl Marx 2018" sorgen bereits jetzt für einen Ideenwettbewerb. Die Stadt, ihre Museen und die Wissenschaft finden hier gemeinsame Gestaltungsfelder.Das gilt auch für das Thema "Gesundheit und demografischer Wandel". Fast zeitgleich starteten zum Wintersemester 2014/15 an der Hochschule Trier der Studiengang Physiotherapie, an der Universität Trier der duale grundständige Studiengang Pflegewissenschaften (Klinische Pflege). In beiden Fällen verbinden sich die Interessen des lokalen und regionalen Gesundheitswesens mit dem Interesse an neuen und/oder zentralen Berufsfeldern und Forschungsgebieten. Gleiches gilt im weiteren Sinne für die Wirtschaft in der Region insgesamt. Die Attraktivitätssteigerung für Fachkräfte sei als zentrales Thema genannt. Hier werden die beiden Trierer Kammern, die Agentur für Arbeit und die Hochschulen stärker vor allem auf die junge Generation zugehen: Beratung zum richtigen Zeitpunkt, Hilfestellung nach unzufriedenen Entscheidungen, Unterstützung beim Einstieg ins Berufsleben u.v.m. All dies geht nicht ohne Forschung. Aber sie muss gelegentlich auch auf Fragen aufmerksam gemacht werden, die die Praxis früher sieht und spürt. Die Wissenschaftsallianz Trier ist somit ein Dach für Interdisziplinarität. Drei Gründe sind es, die ein entsprechendes Engagement lohnen: Diese Zusammenarbeit ist ein weiterer Baustein in der Stärkung und Wahrnehmung des Wissenschaftsstandorts Trier. Er ergänzt die bisherigen Aktivitäten auf nationaler und internationaler Ebene. Der Zusammenschluss bietet dabei eine gute Chance, nachhaltige und zukunftsorientierte Projekte zu etablieren, die Stadt und Region voranbringen, die regionale Identität untermauern und ein Signal nach außen geben. Es ist zugleich für Wissenschaft und Praxis eine willkommene Gelegenheit, vonein-ander zu lernen, ohne eigene Prinzipien und Selbstverpflichtungen aufzugeben.Das Projekt ist neu und muss wachsen. Es wird darauf ankommen, die Förderlandschaft im Auge zu behalten und sich mit konzertierten Ideen sowohl an nationalen als auch an EU-Ausschreibungen zu beteiligen, die vor allem einer Unterstützung der regionalen Zielsetzung dienlich sind. Als gemeinsames Markenzeichen wurde ein Logo entwickelt, das eine Botschaft transportiert: Es zeigt die Konturen des Landes Rheinland-Pfalz und setzt sich aus einzelnen Waben zusammen. Waben erinnern an einen komplexen Organismus. In diesen Waben soll es eben auch summen und brummen, vor allem in dem hervorgehobenen Teil. Zugleich ein Organismus, der wachsen kann. Schon bald dürfte die Allianz als eingetragener Verein auftreten. Treveris ex urbe - auch die Wissenschaftsallianz Trier arbeitet in der Region für die Region und wirkt über die Region hinaus. Wie selbstsicher, wird sich zeigen.wissenschaftsallianz-trier.deExtra

Michael Jäckel (55, Foto: Privat) ist seit 2002 Professor für Soziologie an der Universität Trier. Medien und Kommunikation gehören zu den wichtigsten Themenbereichen seiner wissenschaftlichen Arbeit. Seit 2011 ist Jäckel Präsident der Universität Trier. red

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