Weitere illegale Zuwendungen entdeckt: CDU Rheinland-Pfalz gerät im Spendenskandal stärker unter Druck

Mainz · Politisch ungemütlich nennt CDU-Generalsekretär Schnieder das, was er am Donnerstag der Öffentlichkeit präsentiert: Noch mehr fragwürdige Spenden an einen Kreisverband sind aufgetaucht.

Der CDU in Rheinland-Pfalz drohen weitere Strafzahlungen für möglicherweise illegale Spenden. Nach den 82 000 Euro Spenden, die womöglich unzulässig an die CDU Cochem-Zell und die Landes-CDU gingen, wurden noch etwa 44 000 Euro aus den Jahren 1999 bis 2005 an den Kreisverband Cochem-Zell entdeckt. Die Bundestagsverwaltung prüft nun Strafzahlungen. "Wir können nicht ausschließen, dass es noch weitere Vorgänge gibt", sagte CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder am Donnerstag in Mainz. "Die Situation ist vor allem politisch sehr ungemütlich."

Es gehe um 31 000 Euro von 2002, 2004 und 2005 der Eisenacher Anwälte Franz Hansen und Birgit Varwig, die von ihnen weitergeleitet worden seien, sowie um 25 000 D-Mark (12 782 Euro) von 1999 und 2001 eines Richard Nelson, sagte Schnieder. Dies habe damals keine Fragen aufgeworfen. Die CDU habe angenommen, die Anwälte hätten selbst gespendet. An den Landesverband seien keine weiteren Spenden bekannt geworden. Parteien dürfen keine anonymen Spenden von über 500 Euro annehmen.

Hinter den bisher bekannten Spenden an die Landes-CDU und die CDU Cochem-Zell steht nach Angaben seines Anwalts Gero Himmelsbach Ex-Agent Werner Mauss. Schnieder sagte über den Namen Richard Nelson: "Dass der offensichtlich personenidentisch ist mit Herrn Mauss, ich glaube, das kann man als gegeben ansehen."

Der Landesverband erhielt 2010 nach früheren Angaben zwei Spenden der Eisenacher Anwaltskanzlei Franz Hansen über insgesamt 18 500 Euro. Die CDU Cochem-Zell bekam von 2008 bis 2015 insgesamt 63 500 Euro über ein Treuhandkonto des Anwalts Hansen. Alle Spenden wurden nach Informationen von Mauss-Anwalt Himmelsbach im Auftrag der Firma Nolilane gezahlt, hinter der Mauss mit Einkommen und Vermögen steht. Die CDU versuchte nun, über Banken und die Bundes-CDU herauszufinden, ob es weitere Spenden gab.

Himmelsbach schrieb laut Landes-CDU an die CDU Cochem-Zell, dass Nelson seit 1968 — als er in den Landkreis Cochem-Zell zog — seiner Erinnerung nach regelmäßig persönlich an die CDU gespendet habe. Ob an den Kreisverband oder auch an den Landesverband, könne er nicht mehr nachvollziehen.

Die Landes-CDU musste vor einigen Jahren eine Millionenstrafe zahlen, weil im Landtagswahlkampf 2006 Steuergeld illegal aus der Fraktionskasse geflossen war.

Unterdessen begann eine Klausurtagung der CDU Rheinland- Pfalz in Maria Laach. Bei dem zweitägigen Treffen bis Freitag sollte es unter anderem über Innere Sicherheit und Konsequenzen aus dem Unglück bei der BASF gehen.
Meinung

Wer's glaubt, wird selig
Die Spendenaffäre Maus ist für die CDU eine tickende Zeitbombe

Die gestern von CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder der Öffentlichkeit präsentierten weiteren Spenden des inzwischen pensionierten Geheimagenten Werner Mauss können nicht wirklich überraschen. Warum sollte der 76-Jährige - wie bislang bekannt - erst 2008 damit begonnen haben, die rheinland-pfälzischen Christdemokraten mit Spendengeldern zu beglücken? Auf diese Frage gab es bislang keine Antwort. Jetzt ist sie da: Werner Mauss hat nach Angaben seines Anwalts regelmäßig an die CDU gespendet, seit der deutsche James Bond Ende der 60er Jahre in den kleinen Hunsrückort Altstrimmig gezogen ist.

Was da an finanziellen Zuwendungen unterm Strich geflossen sein mag, kann man nur vermuten. Der Gesamtbetrag dürfte in die Hunderttausende gehen.

Gestern allerdings gab CDU-General Schnieder nur bekannt, dass zwischen 1999 und 2005 weitere Mauss-Spenden geflossen seien - teils verdeckt über eine befreundete Kanzlei, teils unter Mauss' Decknamen Richard Nelson. Der war übrigens ein offenes Geheimnis. Im Spiegel wurde schon Mitte der 80er Jahren ausführlich über den "Detektiv und die Dreckskerle" alias Richard Nelson berichtet. Rund um sein palastähnliches Domizil auf dem Hunsrück war der Deckname da schon längst ein Begriff. Nur die CDU will von all dem nichts gewusst oder erst jetzt erfahren haben? Wer's glaubt, wird selig. Spätestens seit gestern ist klar: Die neue Spendenaffäre der Landes-CDU nimmt gerade erst richtig Fahrt auf. Und sie ist eine tickende Zeitbombe. So lange nicht alle Zuwendungen entdeckt oder bekannt gemacht worden sind, muss die CDU jeden Tag mit neuen Enthüllungen rechnen. Und mit unangenehmen Fragen:
Warum spendet ein windiger Agent einer Partei über Jahrzehnte hinweg so viel Geld?

Was wurde mit den Zuwendungen gemacht? Warum hat sich angeblich nie ein Verantwortlicher der CDU dafür interessiert, wer hinter den satten Spenden steckt? Und warum geht die ansonsten so omnipräsente Parteichefin Klöckner beim Thema Mauss laufend auf Tauchstation?
Auf die Antworten darf man gespannt sein. Vorausgesetzt, die CDU gibt welche.
r.seydewitz@volksfreund.de

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