Weniger Unfälle, weniger Pfunde, mehr Grips im Kopf

Trier · Schulsport sorgt nicht nur für gesündere, sondern auch für schlauere Schüler und verhindert Unfälle: Diese und weitere Thesen erläuterte der Karlsruher Professor Klaus Bös bei einem Vortrag in Trier, in dem auch Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt "Triekis" an Trierer Grundschulen präsentiert wurden.

Trier. Der Versuchsaufbau hört sich einfach an. Man stelle sich auf einen drei Zentimeter breiten Balken, der auf dem Boden liegt und gehe rückwärts, ein bisschen balancieren eben. Gar nicht so schwer, oder? Doch weit gefehlt! 35 Prozent aller Kinder und Jugendlichen zwischen vier und 17 Jahren können nicht mehr als zwei (!) Schritte rückwärts balancieren. Dies geht aus einer Untersuchung des "Forschungszentrums für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen" (FOSS) der Uni Karlsruhe hervor, die Professor Klaus Bös nun in Trier präsentierte.
Bös ist der Initiator eines bundesweiten Pilotprojekts, das am Ende dieses Schuljahrs in Trier zu Ende geht: "Triekis". Mit diesem Projekt wurden seit 2008 alle Trierer Grundschüler - am Ende werden es über 2500 sein - auf ihre motorischen Fähigkeiten getestet. Aber es geht nicht nur darum, möglichst viele Daten zu sammeln, sondern den Schülern oder den Klassen Tipps für den Sportunterricht und das generelle Sporttreiben zu vermitteln - und auch darum, frühzeitig Talente zu sichten. Das Balancieren auf dem Balken ist nur einer der Tests für die Erst- bis Viertklässler an Trierer Grundschulen, daneben stehen Sechs-Minuten-Ausdauerlauf, Standweitsprung, Sit-ups (Bauchmuskelübung), Liegestütz, 20 Meter Sprint, seitliches Hin- und Herspringen auf Matten und Rumpfbeugen auf dem Programm. Zudem werden Gewicht und Größe der Schüler gemessen. Aus den bisher vorliegenden Ergebnissen von "Triekis" geht hervor, dass in Trier 13,5 Prozent der Erstklässler, 18 Prozent der Zweit- und 17 Prozent der Drittklässler entweder übergewichtig oder fettleibig sind. Abgefragt werden auch die sportlichen Aktivitäten pro Tag (Schulsport, Vereinssport, nicht organisierter Sport) der Kinder. In der bundesweiten FOSS-Erhebung wurde ermittelt, dass mit zunehmendem Alter Sport und Bewegung deutlich abnehmen. Sind noch 30 Prozent der Vierjährigen mehr als eine Stunde pro Tag aktiv, sind dies bei den 14-Jährigen nur noch 3,3 Prozent - Computer und andere "sitzende" Freizeitbeschäftigungen lassen grüßen.
Generell stellte Professor Bös bei seinem Vortrag daher die Bedeutung des Schulsports heraus - mit allen positiven Nebeneffekten. So wurden in einer Modellschule, in der es das Programm "bewegter Unterricht" mit einer täglichen Sportstunde gibt, weniger als die Hälfte der Aggressionsfällen auf dem Pausenhof gemessen als in einer Kontrollschule ohne zusätzliche Bewegung. Zudem gingen die von der Modellschule an die Berufsgenossenschaft gemeldeten Unfälle um 60 Prozent zurück, an der Kontrollschule stiegen sie um 30 Prozent. "Schulsport wirkt sich positiv auf das Sozialverhalten und das Schulklima aus und hilft Unfälle zu vermeiden, weil die Schüler motorisch und kognitiv einfach besser geschult sind", war daher eine Kernthese von Bös. Zudem stellte er die Verbindung von Bewegung und schulischen Leistungen heraus: Schon eine aktive Pausengestaltung sorgt dafür, dass die Konzentrationsfähigkeit der Schüler über den ganzen Tag gehalten werden kann, der "bewegte Unterricht" führt zu einer signifikant verbesserten Konzentrationsfähigkeit und damit auch besseren schulischen Leistungen. Auch die gemessene Intelligenz der Schüler steigt laut der FOSS-Studie proportional mit der Bewegung.
Zudem werde Stress besser bewältigt, das Selbstvertrauen gestärkt, Niederlagen würden besser verarbeitet und das soziale Miteinander verbessert. Doch trotz dieser positiven Begleiterscheinungen werde der Schulsport immer weiter reduziert: Sechs- bis Zehnjährige haben im Schnitt noch zwei Stunden pro Woche, bei 14- bis 17-Jährigen sind es nur noch 1,3 Stunden.
Alles Erkenntnisse, die auch in "Triekis" einfließen. Das Projekt, das vom Landesbildungsministerium, dem Sportministerium, dem Landessportbund (LSB) und der Stadt Trier getragen und finanziert wird, läuft in diesem Schuljahr aus. Allerdings bietet die Uni Karlsruhe, die für die wissenschaftliche Betreuung zuständig war, am 26. September eine Informationsveranstaltung an, in der Lehrkräfte die Testverfahren und deren Auswertung erläutern werden.

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