Wenn der Bagger den Hamster bedroht

Rollen die Bagger zum Straßenbau, lässt sich der Eingriff in die Natur kaum mehr vermeiden. Entsprechend heftig entbrennt meist der Kampf zwischen Naturschützern und Bau-Befürwortern. Gütliche Einigungen statt Klagen sind noch die Ausnahme.

Mainz. Sieben Jahre zieht sich inzwischen die juristische Auseinandersetzung um den Bau des Hochmoselübergangs hin. Bei der neuen Runde um einen nachgebesserten Planfeststellungsbeschluss im November vor dem Oberverwaltungsgericht rechnen sich die Naturschützer vom BUND ebenso gute Chancen aus wie die Landesverkehrsbehörde, wenn es darum geht, dass Vogelschutzgebiete, Specht und Fledermaus bei der umstrittenen Verkehrsverbindung nicht auf der Strecke bleiben sollen. Es ist landesweit das erste Mal, dass ein Großprojekt so umfangreich angegangen wird mit einer Verbandsklage. Über diesen Weg klagt nicht ein persönlich Betroffener, sondern ein Verband im Interesse der Natur. Vorgegangen werden kann nur gegen eine Befreiung der Planungen von Verboten oder gegen Planfeststellungsbeschlüsse, die in die Umwelt eingreifen. Nur in Ausnahmefällen wird bislang ein Rechtsstreit mit einem Vergleich beendet, wie die Auseinandersetzung um die Startbahnverlängerung des Flughafens Hahn: Die Flughafengesellschaft verzichtete zum Schutz von Fledermäusen in größerem Umfang auf die Rodung von Wäldern und begnügte sich mit einem Kappen von Bäumen, der BUND zog seine Klage zurück. In der Folge entzündete sich jedoch ein heftiger Streit um die Verlegung der Hunsrückhöhenstraße, die durch die verlängerte Startbahn durchtrennt wird. Die einen klagen vor Gericht, die anderen in den Medien

Vor allem für die CDU vor Ort ist es ein Unding, wenn die Trasse nicht wie geplant verlegt wird, weil das benötigte Waldstück inzwischen als Schutzgebiet gemeldet ist. Das "Geschäft" zwischen Flughafen und BUND mit Billigung der Landesregierung gehe zu Lasten der bisherigen Nutzer der Straße, kritisieren örtliche Unions-Abgeordnete wie Hans Josef Bracht und Alexander Licht. Das Verbandsklagerecht werde dabei als Druckmittel missbraucht. Sie wenden sich vor allem gegen einen einseitigen Vorrang der Umwelt. Doch die Naturschützer lassen sich in ihrer Linie nicht beirren. "Wenn Planungen verworfen werden, sind nicht wir schuld, sondern die Versäumnisse der Planer", sagt BUND-Landesvorsitzender Bernhard Braun. Sein Verband lasse immer nur geltendes Recht überprüfen. Im Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie sieht auch der frühere Grünen-Landtagsabgeordnete ein grundlegendes Ziel. Allerdings passt es für ihn nicht zusammen, wenn sich alle über das Abholzen des Dschungels in Südamerika aufregen, gleichzeitig jedoch gegen die Ausweisung von Naturschutzgebieten durch EU-Vorgaben wettern. Frontstellungen beim Lückenschluss der A 1 in der Eifel oder beim vierspurigen Ausbau der B 10 in der Pfalz sind für ihn programmiert. Brüsseler Umwelt-Richtlinien ändern zu wollen, ist wenig aussichtsreich, weiß Reimer Steenbock vom Gemeinde- und Städtebund. In einem Brief an den Mainzer Innenminister Karl Peter Bruch fordert sein Verband daher Ausgleichszahlungen für Gemeinden, die durch Schutzgebiete in ihrer Entwicklung beschränkt sind. Die Umweltstandards sind laut Steenbock zwar hoch. Aber man müsse sie akzeptieren und damit umgehen. Allerdings fordert er mehr Flexibilität. Nicht immer löst sich ein Problem so elegant wie beim geplanten Neubau der Grundschule in Trier-Tarforst. Dort stellte sich die geschützte Kreuzkröten-Population nach Einschätzung der Naturschutzbehörde am Ende als so gering heraus, dass einem Spatenstich wohl nichts im Wege steht, während hinter einem Sportplatzneubau noch ein dickes Fragezeichen steht.

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