Wenn der Wind den Strom wegbläst

TRIER/MORBACH. Nach dem Stromausfall vom Wochenende ist plötzlich die Windenergie in den Fokus geraten. Sie könnte durchaus am europaweiten Black-out mitschuld sein.

 Windkraft kontra herkömmlichen Strom: Die alternative Energiegewinnung ist in den Fokus geraten. Foto: dpa

Windkraft kontra herkömmlichen Strom: Die alternative Energiegewinnung ist in den Fokus geraten. Foto: dpa

14 Windräder drehen sich am Rande der Einheitsgemeinde Morbach. Daneben eine fast fußballfeldgroße Solaranlage. Ein kleines Kraftwerk, das so viel Strom liefert, wie etwa 30 000 Menschen benötigen, lobt der Bundesverband Windenergie die Initiative der Hunsrück-Gemeinde. Auch in der Eifel drehen sich die Windräder. Über 100 Megawatt Strom produziert der Wind auf den Eifel-Höhen. 700 solcher Anlagen gibt es im Land. Deutschlandweit sind es über 18 000 mit einer Leistung von 19 000 Megawatt. Eigentlich, so denkt sich der Laie, dürfte es damit doch gar nicht zu einem Stromausfall kommen. Immerhin liefern die Windkrafträder knapp vier Prozent des deutschen Strombedarfs. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn während die herkömmlichen Kraftwerke tatsächlich nur so viel Strom produzieren, wie aktuell benötigt wird, drehen sich die Windräder auch dann, wenn gerade mal wenig Verbrauch ist. Dadurch kommt es zu einem Überangebot an Strom, sagt der Trierer Elektrotechnik-Professor Dirk Brechtken. Daher müssten andere Kraftwerke ihre Leistung herunterfahren, damit es nicht zu einer Überkapazität und dann eben doch zu einem Stromausfall komme. Vorigen Samstag scheint aber genau das passiert zu sein. Weil im Emsland eine Höchstspannungsleitung abgeschaltet wurde, sank kurzfristig der Strombedarf. Trotzdem wurde aber unter anderem auch von Windrädern weiter Strom produziert. Dadurch kam es dann zur verhängnisvollen Kettenreaktion. Die Befürworter der Windenergie weisen jedoch jede Schuld von sich. Die Windräder an der deutschen Nordsee-Küste hätten keine Überkapazität produziert, der von ihnen eingespeiste Strom habe wegen der Abschaltung der Leitung im Emsland nicht weitertransportiert werden können. Atomausstiegsgegner wittern Morgenluft

Neben dem Energiekonzern Eon, der wegen der Kappung der Stromverbindung immer noch als Hauptverursacher des fast europaweiten Black-outs gilt, wird für viele überraschend auch die Windkraft als Mitschuldige genannt. Und schon ist in Deutschland erneut eine heftige Debatte über die künftige Energieausrichtung entbrannt. Gegnern des beschlossenen Atomausstiegs in Deutschland kommt dies nicht ungelegen. Sie fordern, die Ausstiegspläne rückgängig zu machen und weiter und vermehrt auf Kernkraft zu setzen. Das wiederum ruft Atomkraftgegner wie die Bitburger Bundestagsabgeordnete der Grünen, Ulrike Höfken, auf den Plan. Statt in Kohlekraftwerke zu investieren, solle das Land erneuerbare Energie wie etwa Biomasse fördern. Mittel- bis langfristig könnten so 13 Prozent des Stromverbrauchs gedeckt werden. Der Trierer FH-Professor Brechtken warnt jedoch vor einer erneuten ideologischen Energiediskussion. "Es gibt keine gute oder schlechte Energie", sagt der Experte. Die Auseinandersetzung müsse wertfrei und ergebnisoffen geführt werden. Man müsse sich auch im Klaren sein, dass, selbst wenn alle deutschen Kernkraftwerke abgeschaltet wären, weiter Atomstrom aus den Steckdosen komme - etwa aus Cattenom.

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