Wenn die Experten fehlen, droht der Stillstand: Behörden und Kommunen in Not

Trier · Bund und Land investieren mehr Geld in die Infrastruktur. Doch der zunehmende Mangel an erfahrenen Fachkräften für die Realisierung der Projekte bringt die Kommunen und Planungsbehörden in Probleme. Im schlimmsten Fall müssen Millionensummen zurückgezahlt werden.

Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) hat in diesem Jahr außerplanmäßig 15 Bauingenieure zusätzlich eingestellt. Mit dieser Erfolgsmeldung ist Infrastrukturminister Roger Lewentz in der vergangenen Woche an die Öffentlichkeit gegangen. Damit würden die Weichen gestellt, um Straßenbauprojekte schneller planen zu können. Notwendig wird das, weil der Bund in den kommenden Jahren mehr Geld in die Infrastruktur investiert. Die neuen Ingenieure sollen dafür sorgen, dass Straßen- und Brückenvorhaben zügig realisiert werden. Andernfalls, so der Minister, besteht das Risiko, Geld an den Bund zurückgeben zu müssen.

Was Lewentz nicht sagt: Die Suche nach den zusätzlichen Fachkräften war nicht einfach. Denn die Bewerberzahlen für den öffentlichen Dienst gehen seit einigen Jahren zurück. Im Fachkräftemonitor der Industrie- und Handelskammer (IHK) sind Bau- und Vermessungsingenieure zwar noch nicht als Berufe mit akutem Bedarf gelistet. Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage wird demnach allerdings in den kommenden Jahren erheblich wachsen.

LBM Trier: Edeltrud Bayer, Leiterin des LBM Trier, ist um deutliche Worte nicht verlegen. Der Fachkräftemangel betreffe nicht nur den Bereich der Ingenieure, sondern auch die Bautechniker und Straßenwärter. "Seit etwa drei bis fünf Jahren konkurrieren wir bei der Auszubildendensuche mit den Modeberufen um die guten Kandidaten. Die Aussicht auf einen sicheren Arbeitsplatz alleine zieht nicht mehr."
Die steigenden Anforderungen im öffentlichen Dienst und die Arbeitsverdichtung sind laut Bayer nur mit guten Mitarbeitern zu bewältigen. Die Absenkung der Einstiegsgehälter und die nicht mehr attraktive Beamtenbesoldung hätten aber zu einer Abwanderung der besten Kräfte in die Privatwirtschaft geführt. "Wir stellen leider fest, dass das Niveau bei vielen Bewerbern nicht wirklich stimmt, die zu uns kommen würden." Auch die hausinterne Weiterbildung vom Straßenwärter zum Bautechniker und weiter zum Ingenieur werde mit schwächeren Azubis nicht mehr möglich sein. Die Hälfte der Bautechniker, die derzeit beim LBM Trier beschäftigt sind, wurden aus den eigenen Reihen rekrutiert.

Stadt Trier: Wie groß das Problem ist, erfahrenes und hoch qualifiziertes Personal zu bekommen, weiß auch Triers Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani, die dringend erfahrene Planer sucht, zum Beispiel für das Großprojekt Stadtumbau Trier-West. "Meine Mitarbeiter gehen auf dem Zahnfleisch, die können keine weiteren Dinge zusätzlich übernehmen", macht sie klar.

Die viermalige Ausschreibung für eine entsprechende Stelle brachte allerdings nicht das gewünschte Ergebnis. "Es bewerben sich ausschließlich Uniabsolventen. Die Bezahlung in der Verwaltung ist eben leider nicht so hoch, dass es attraktiv wäre, sich dafür von einem sicheren Posten zu verabschieden, um nach Trier zu ziehen." Eine Lösung wird es im Trierer Baudezernat dennoch geben. Schließlich ist es undenkbar, dass die Stadt Fördersummen in Millionenhöhe nicht abruft oder gar zurückzahlt.

Eifel: In der Eifel ist die Situation zumindest offiziell nicht so angespannt wie in Trier. "Der Mangel an geeigneten Fachkräften ist aber ein Thema, dem sich der Eifelkreis als Arbeitgeber künftig verstärkt widmen wird", kündigt Ansgar Dondelinger von der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm an. Es werde ein Personalentwicklungskonzept vorbereitet, um Fach- und Führungskräfte dauerhaft an den Eifelkreis zu binden.

Bernkastel-Wittlich: Keine Probleme im Fachbereich Bau und Planung hat derzeit die Stadt Wittlich, wie deren Sprecher Jan Mußweiler betont. "Alle Planstellen sind seit mehreren Jahren besetzt." Und auch bei der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich scheint die Arbeit in der Verwaltung so attraktiv zu sein, dass es keine Probleme mit der Besetzung von Stellen gibt. "Ein Abwerben vonseiten der Kreisverwaltung findet nicht statt", versichert Pressesprecher Manuel Follmann. "Gleichwohl kann es vorkommen, dass sich Mitarbeiter anderer Verwaltungen auf Stellenausschreibungen unseres Hauses bewerben, wenn zum Beispiel der Verzicht auf eine Befristung der Stelle oder persönliche Belange die Stelle attraktiver erscheinen lassen."

Trier-Saarburg: Der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz hat den zunehmenden Fachkräftemangel zur Chefsache gemacht. "Das Problem ist natürlich bekannt", sagt Pressesprecher Thomas Müller. "Wir erleben bei Stellenausschreibungen, wie der heimische Markt abgegrast ist." Dennoch fänden sich derzeit im zweiten Anlauf noch qualifizierte Kräfte. "Landrat Schartz hat in vielen Initiativen mit den Kammern, der Arbeitsagentur sowie den luxemburgischen, belgischen, französischen und saarländischen Nachbarn dieses Thema aufgegriffen und steht auch in engem Kontakt mit den Unternehmen der Region."

Noch könne der öffentliche Dienst mit einem attraktiven Arbeitsumfeld punkten, glaubt Müller. "Diese Vorzüge müssen bei Stellenausschreibungen zukünftig noch stärker hervorgehoben werden. Notwendig ist aber auch - gerade im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft - eine auch in Zukunft attraktive Bezahlung."

Beamtenbund: Die fordert auch der Deutsche Beamtenbund (DBB). Dessen Chef Klaus Dauderstädt spricht von bundesweit 170 000 unbesetzten Stellen im öffentlichen Dienst (siehe Extra). "Wegen der wenig attraktiven Bezahlung" im öffentlichen Dienst entscheiden sich die Bewerber im Zweifel gegen den Staat."Extra

Mit der bundesweiten Nachwuchskampagne Die Unverzichtbaren wirbt der Deutsche Beamtenbund (DBB) für den öffentlichen Dienst. Bei einem Fehlbedarf von 170 000 Fachkräften und mehr als 700.000 altersbedingt ausscheidenden Beschäftigten in den kommenden Jahren bestehe die Gefahr, dass dieser seine Leistungsfähigkeit verliere. "Der demografische Wandel tut ein Übriges und erschwert die Nachwuchssuche zunehmend", sagt DBB-Bundesvorsitzender Klaus Dauderstädt An 9000 Schulen wird mit Plakaten und Postkarten Werbung für eine Karriere im öffentlichen Sektor gemacht. Im Internet und auch im sozialen Netzwerk Facebook sind regelmäßig Informationen zu der Kampagne zu finden. Ein weiteres Element der Kampagne ist eine Lehrermappe "Öffentlicher Dienst" mit einer komplett aufbereiteten Unterrichtseinheit, die Pädagogen zur freien Nutzung angeboten wird. die-unverzichtbaren.de

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