Wenn die Rendite-Gier Anleger alles kostet

Daun/Trier/Morbach · Die Bandbreite bei den Wirtschaftsverbrechen ist groß. Gemeinsam ist ihnen: Es geht um viel Geld. Besonders große Schäden haben 2012 Betrüger und Insolvenzstraftäter angerichtet.

Daun/Trier/Morbach. 15 000 Euro hat er gespart. Nur dümpeln die auf einem Tagesgeldkonto, das derzeit ähnlich viele Zinsen bringt wie ein Porzellanspar-schwein. Den Banken vertraut er seit der Krise nicht mehr. Aber Immobilien, ja, oder Gold, das könnte was sein. Das ist gut, das ist sicher, das bringt Rendite, denkt er und recherchiert im Internet so lange, bis er ein Bombenangebot gefunden hat. Mit super Zinsen! Jetzt muss nur alles ganz schnell gehen, sagt der Anbieter …
Und nicht selten geht es dann schief. Statt in Wertpapiere oder Fonds fließt das Geld in die Taschen von Gaunern. Denn im Internet tummeln sich auch viele Betrüger. Rund 1,4 Millionen Euro Schaden sind durch solche und ähnliche Anlagedelikte 2012 in der Region Trier entstanden. Das Polizeipräsidium mahnt Anleger daher zur Vorsicht (Tipps siehe Extra).
Ein beliebter Trick, mit dem Betrüger illegal erworbenes Geld wieder reinwaschen oder an gestohlene Waren kommen, ist das Konstrukt der Finanz- und Paket-agenten. "Das haben wir massenhaft", sagt Margot Klaar, Chefin der Abteilung für Wirtschaftskriminalität beim Polizeipräsidium Trier. In Internetjobbörsen rekrutieren die Betrüger Arbeitssuchende, die ihnen ihr Konto oder ihre Postadresse zur Verfügung stellen. Der Vorwand: Man sei ein international tätiges Unternehmen, das aus steuerlichen oder sonstigen Gründen ein Konto oder eine Adresse in Deutschland benötige.
Finanzagenten sollen Geld, das auf ihrem Konto eintrifft, über Bargeldversandfirmen wie "Western Union" an einen ausländischen Empfänger weiterleiten. Paketagenten leiten Pakete weiter.
Was sie oft nicht wissen: Die Waren wurden mit gestohlenen Kreditkartendaten bezahlt, und das Geld stammt zum Beispiel von Kunden, die auf einen gar nicht reell existierenden Internetshop hereingefallen sind.
Was die Agenten oft auch nicht wissen: Sie haben sich der Mithilfe bei der Geldwäsche schuldig gemacht und müssen für den gesamten Schaden aufkommen.
Bei den Betrugsdelikten zählt die Polizei zwar die meisten Fälle. Den größten finanziellen Schaden richten jedoch die Insolvenzdelikte an.
"Die Bandbreite ist groß", sagt Klaar. Manche Täter kämen überhaupt nicht auf die Idee, dass sie etwas Strafbares tun, wenn sie die Buchhaltung schleifen lassen, ihre Jahresabschlüsse nicht machen oder sich um die Sozialabgaben drücken. 135-mal haben Arbeitgeber im vergangenen Jahr laut Klaar ihre Anteile an der Sozialversicherung nicht bezahlt. Den Schaden beziffert die Wirtschaftskriminalistin auf eine halbe Million Euro.
Andere Firmenchefs hingegen besitzen eine gute Portion krimineller Energie: Sie fingieren Rechnungen, um das Geld aus der Firma ins Ausland zu schaffen oder in die eigene Tasche fließen zu lassen, ehe der Betrieb in die Insolvenz geschickt wird. Insgesamt haben die Insolvenzdelikte 2012 in der Region einen Schaden von 15 Millionen Euro angerichtet.
Im Trierer Polizeipräsidium sind fünf Fachkräfte - drei Betriebswirte, ein Bankkaufmann und eine Steuerfachkraft - und neun Beamte, die ebenfalls alle kaufmännisches Wissen mitbringen, mit der Aufklärung von Wirtschaftsverbrechen beschäftigt. Anders als bei den übrigen Straftaten ist für ihre Fälle nicht die Staatsanwaltschaft Trier, sondern die Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft in Koblenz zuständig.Extra

Schon wer etwas für seine Altersvorsorge tun möchte, kann Gefahr laufen, betrogen zu werden. Sparern und Geldanlegern gibt die Polizei folgende Tipps: Auf jeden Fall gilt es, die Seriosität des Anbieters zu prüfen. Ein ganz schlechtes Zeichen ist es, wenn die Kontaktaufnahme unaufgefordert per Telefon erfolgt. Die Polizei rät, solche Kontakte generell abzulehnen. Auch Zeitdruck, ein kleines Einstiegsgeschäft mit vergleichsweise riesigen Gewinnen oder ungewöhnlich große Renditeversprechen sollten die Alarmglocken schrillen lassen. Zudem sollte man sich laut Polizei den Ausweis des Vermittlers zeigen lassen, die Daten notieren, in Erfahrung bringen, wo der Geschäftssitz ist und das Produkt so gut wie möglich prüfen. Dazu zählt bei Wertpapieren ein Check der sechsstelligen Wertpapierkennnummer, eine Nummer, die alle tatsächlich an der Börse gehandelten Werte haben müssen, oder bei Immobilien eine Besichtigung des Objekts. kah

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