Wenn Kinder schweigen

TRIER. "Hilfe, mein Kind erzählt mir nichts" – so lautet der Schreckensruf vieler Eltern. Statt fröhlich zu berichten, was sich in der Schule tut, gibt sich der Nachwuchs ausgesprochen einsilbig. Und weder Drohungen noch gute Worte sorgen für einen besseren Informationsfluss.

Wer je einen Elterabend mit erlebt hat, kennt das folgende Phänomen: Die Mutter oder der Vater eines Klassenkameraden des eigenen Nachwuchses kommt fröhlich auf einen zu und sagt: "Was haben Sie denn neulich zu dem gemeinsamen Streich unserer Kinder gesagt? Das war ja wohl ein Ding!"Kurze Sendepause, peinliches Schweigen. Pardon. Wovon ist da eigentlich die Rede? - "Wie, hat Ihrer etwa nix davon erzählt? Unserer hat haarklein jedes Detail berichtet." Die Situation ist unangenehm, die Gedanken hinterher auch. Haben andere Kinder mehr Vertrauen zu ihren Eltern? Herrscht bei uns zu Hause Angst?

Kein Grund zur Panik, sagt die Trierer Kinderpsychologin Christine Wiegand. Auch bei Kindern gebe es "große Unterschiede in der Persönlichkeit". Das eine plaudert wie ein Wasserfall, das andere behält Dinge lieber für sich.

Solchen Eigenwilligkeiten begegne man am besten "mit Respekt und Geduld", empfiehlt Wiegand. Penetrantes Ausfragen führe oft zum Gegenteil des gewünschten Effekts. Übten sich die Eltern dagegen in Zurückhaltung, rückten die Kinder mit der Zeit oft freiwillig mit Geschichten aus ihrem Schul-Alltag heraus.

Für hilfreich hält Christine Wiegand auch "feste Rituale" wie eine "Erzählrunde" abends vor dem Einschlafen. Dann gelte es, "sehr genau hinzuhören" und auf Signale zu achten. Direkt nach der Schule hingegen solle man ein Kind mit diesem Themenbereich besser in Ruhe lassen.

Weil aber auch zurückhaltende Eltern gerne wissen möchten, wenn es etwas Wichtiges im schulischen Leben ihrer Kinder gibt, rät die Psychologin zu regelmäßigen Kontakten zur Schule und zu anderen Eltern. Die Kinder sollen dabei ruhig wissen, dass ihre Erzeuger noch über andere Informationsquellen verfügen.

Problematischer ist die Situation, wenn Kinder, die ansonsten sehr erzählfreudig sind, ausgerechnet die Schule ausklammern. Dann sollten Eltern überprüfen, ob das Kind schlechte Erfahrungen gemacht hat, sagt Christa Unterburger-Dietz von der schulpsychologischen Beratungsstelle in Trier. Beispielsweise, indem sie auf seine Erzählungen mit Kritik und Zurückweisung statt mit "schützendem Annehmen" reagiert haben. Vor allem wenn Kinder freiwillig auch Unangenehmes erzählen, könne eine harsche Reaktion der Eltern die Mitteilungsfreude in künftigen Fällen dramatisch reduzieren.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Kinder von einem Tag auf den anderen völlig verstummen und jedes Gespräch über die Schule verweigern. Dann könne es ernsthafte Probleme bis hin zum Mobbing geben, betont Unterburger-Dietz. Und dann wäre es höchste Zeit, ein Gespräch mit dem Klassenlehrer zu führen.

Haben Sie Erfahrungen mit "schweigsamen" Kindern? Wie haben Sie es geschafft, den Kommunikationsfluss zu verbessern? Behalten Sie Ihre Tipps und Informationen nicht für sich. Rufen Sie uns heute, Donnerstag, zwischen 16 und 17 Uhr unter der Telefonnummer 0651/7199486 an oder schicken Sie eine Mail an schulstart@volksfreund.de. Veröffentlichung am Samstag auf der Familienseite.

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