Wer viel schadet, zahlt viel

In dieser Woche wurde erneut über die Einführung einer PKW-Maut diskutiert. Der Trierer Verkehrsexperte Heiner Monheim plädiert in einem Gastbeitrag für die Maut.

Die PKW-Maut ist nachweislich das einzige Instrument, das zuverlässig Staus vermeidet, wenn die Tarife räumlich und zeitlich nach der jeweiligen Belastung gestaffelt werden. Je voller die Straße, desto höher der Tarif. Nach diesem System funktioniert die Singapur-Maut, und damit hat Singapur das effizienteste Verkehrssystem der Welt.

Gastbeitrag



Eine intelligente PKW-Maut orientiert sich außerdem an Umweltaspekten - Autos, die besonders laut und emissionsintensiv sind, müssen besonders viel zahlen: Wer viel schadet, muss viel zahlen.

In diesem Sinne können intelligente Mautsysteme auch eine große Schutzwirkung haben, indem sie auch die Empfindlichkeit einer Straße gegen Lärm oder Abgase im Tarif berücksichtigen.

Damit landet man bei der Frage der Mittelverwendung. Die reine Inkassomotivation des Staates ist abzulehnen. Motto: Wir sind pleite, also melken wir die Autofahrer. Wohl aber ist eine Verursacher- und Schadenslogik sehr sinnvoll. Wer vom Schaden stark betroffen ist, bekommt durch die Maut Entschädigungszahlungen. Hauptnutznießer werden also die Kommunen sein, denn dort wird am meisten Auto gefahren, und dort richtet der Autoverkehr auch die größten Schäden an. Und in den Kommunen gibt es für die am schlimmsten betroffenen Opfer, die Menschen an stark belasteten Hauptverkehrsstraßen, Kompensationszahlungen. Die Mauteinnahmen dürfen also nicht etwa in weiteren Straßenbau fließen, davon haben wir mehr als genug. Sondern die Mauteinnahmen müssen zur Problemverringerung genutzt werden, indem sie den Kommunen erlauben, eine Verkehrswende zu finanzieren.

Die Kommunen polemisieren derzeit noch gegen die skandinavischen und englischen City-Maut-Modelle, weil sie nicht kapiert haben, dass ihnen eine systematische und flächendeckende PKW-Maut am meisten hilft. Nur so erhalten sie wieder Spielraum für aktive Verkehrspolitik und die Finanzierung der Verkehrswende, um den Autoverkehr auf verträgliche Maße zurückzuregeln.

Fazit: Im neuen Weißbuch der EU zur Verkehrspolitik wird angekündigt, dass in Europa auf Dauer PKW-Mautsystem eingeführt werden. Ich erwarte, dass diese Entwicklung unaufhaltsam kommt. Ob Deutschland weiter als der große Bremser gegen seine CO{-2} Minderungsinteressen und Klimaschutzinteressen weiter freie Fahrt für unbepreisten PKW-Verkehr verteidigt oder endlich kapiert, dass eine Maut das effizienteste Mittel für ein modernes Verkehrssystemmanagement ist, hängt davon ab, ob es weiter Denk- und Diskussionsverbote gibt oder ob - wie beim Atomdisput - endlich auch alte Tabus gebrochen werden dürfen.

Heiner Monheim, Jahrgang 1946, ist seit 1995 Geografie-Professor an der Uni Trier

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