Widerspruch zwecklos: Meldeämter dürfen bald Bürger-Daten verkaufen

Mainz · Landesdatenschützer Edgar Wagner schlägt Alarm: Werbetreibende und Adresshändler sollen künftig bei den Einwohnermeldeämtern Daten von Bürgern erwerben und danach verkaufen können, selbst wenn diese es nicht wollen.

Name, Vorname, aktuelle Anschriften mit Haupt- und Nebenwohnsitz: Diese Daten müssen alle Bürger den Meldeämtern mitteilen. Sie bleiben unter Verschluss, wenn der Herausgabe widersprochen wird. Wer sich etwa belästigt oder bedroht fühlt, kann schutzwürdige Interessen geltend machen und eine Auskunftssperre beantragen.

Nun hat der Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP ein Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens verabschiedet. Zunächst war laut Landesinnenministerium vorgesehen, dass Betroffene der Weitergabe ihrer Meldedaten zustimmen müssen. Das sei leider gestrichen worden. Landesdatenschützer Edgar Wagner klagt, selbst das Recht der Bürger zum Widerspruch werde nun teils ausgehebelt. Der Experte erklärt, Firmen könnten sich auf Basis alter Datenbestände von den Meldeämtern aktuelle Adressen ohne Einwilligung der Bürger kaufen und weiterveräußern. "Da winkt ein lukratives Geschäft."

Weil im Gesetz mit einer Entlastung für die Wirtschaft von 117 Millionen Euro jährlich kalkuliert wird, folgert Wagner: "Unter Missachtung des Datenschutzes werden wirtschaftliche Lobbyinteressen bedient." Die Bürger müssten vor Werbung überquellende Briefkästen befürchten.

Laut dem Datenschützer gibt es in Rheinland-Pfalz eine Handvoll große Adresshändler. Diese beschafften im Auftrag von Firmen Adressen, wenn Rechnungen nicht zugestellt werden könnten. Bislang seien sie vertraglich verpflichtet, die Daten komplett zu löschen. Künftig sei das fraglich.

Eine "erhebliche, inakzeptable Verschlechterung des Datenschutzes" konstatiert Carsten Pörksen, SPD-Fraktionsvize im Landtag. Pia Schellhammer (Grüne) kritisiert, "dass diskrete Daten der Bürger frei werden für jegliche Form von Geschäften". Das Gesetz bedeute auch Mehrbelastung für Meldebehörden.

Die Landesregierung will im Bundesrat intervenieren. Die Regelung müsse korrigiert werden, sagt ein Sprecher des Innenministeriums dem Volksfreund.

Link auf Musterschreiben für Widerspruch zur Datenweitergabe auf datenschutz.rlp.de

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