Wie die Parlamentsneulinge aus der Region Trier und alte Hasen den ersten Tag im Übergangslandtag erlebt haben

Mainz · Zwei Monate nach der Landtagswahl hat Rheinland-Pfalz seit gestern eine neue Landesregierung. Viele Gesichter kennt man schon, an andere müssen sich die Bürger erst noch gewöhnen. Im Parlament wird es jedenfalls bunter.

Als die Landtagssitzung um die Mittagszeit für eine Stunde unterbrochen wird, damit in der wenige Hundert Meter entfernten Staatskanzlei die Mitglieder des neuen Kabinetts ernannt werden können, stehen die Bernkastel-Kueser Grünen-Abgeordnete Jutta Blatzheim-Roegler und ihr Kaschenbacher CDU-Kollege Michael Billen einträchtig beieinander und sind gleichermaßen empört. Da habe sich der neue Landtagspräsident Hendrik Hering in seiner ersten Rede gleich einen dicken Fauxpas geleistet, ereifern sich die Parlamentarier, als der Sozialdemokrat bei der Aufzählung der schönen rheinland-pfälzischen Regionen ausgerechnet die Eifel vergessen habe. "Das geht gar nicht", sind sich die Grüne und der Schwarze einig.

Harmonie im Museum

Es geht harmonisch zu an diesem ersten Tag der neuen Legislaturperiode im musealen Übergangslandtag (siehe Extra). Etwa drei Jahre sollen die 101 Parlamentarier dort Politik fürs Land machen. Aber schon zum Auftakt sagen nicht wenige, dass man sich im Museum schon fast heimeliger fühle als an der renovierungsüberreifen alten Wirkungsstätte. Mit Blick auf den geräumigen Innenhof schwärmt die SPD-Politikerin Astrid Schmitt aus der Vulkaneifel schon vor Sitzungsbeginn, dass man im Sommer doch draußen tagen könne - "mit einem Bierchen in der Hand".

Schmitt freut sich schon deshalb auf die erste Sitzung, weil sie an diesem Mittwoch ihre alte Tanzlehrerin wiedersehen wird. Es ist die FDP-Frau Cornelia Willius-Senzer (72), die wenig später als Alterspräsidentin die Sitzung eröffnen wird. Schmitt hat vor vier Jahrzehnten bei der Mainzer Tanzschulenbesitzerin die ersten Schritte gelernt.

Unverkennbares Lachen

Ein paar Schritte entfernt sitzt Malu Dreyer, und ihr unverkennbares Lachen ist nicht zu überhören. Noch liegt die Wahl zur Ministerpräsidentin vor der 55-jährigen Triererin, doch von Nervosität ist bei Dreyer zumindest nichts zu spüren. Sie sitzt bestens gelaunt zwischen ihrem Ehemann Klaus Jensen und ihrer 83-jährigen Mutter Katharina, die zugibt, schon ein bisschen aufgeregt zu sein - aber natürlich auch sehr froh.

Ein wenig aufgeregt sind auch die meisten neuen Landtagsabgeordneten, wie sie freimütig einräumen, wenn sie darauf angesprochen werden. Der Birresborner CDU-Mann Gordon Schnieder hat sich Unterstützung von daheim mitgebracht, kommt Händchen haltend mit Ehefrau Diana in den Vorraum des Landtags. "Spannend", sagt der erfahrene Kommunalpolitiker. Auch der Eifeler FDP-Senkrechtstarter Marco Weber ist zur Landtagspremiere mit Ehefrau angereist, will die Sache nun getreu der Devise "Schau'n mer mal" auf sich zukommen lassen.

Sein SPD-Kollege Lothar Rommelfanger, der dem Konzer CDU-Mann Bernhard Henter immerhin das Direktmandat abgejagt hat, fällt schon allein deshalb auf, weil er als einziger mit Jeans und ohne Krawatte durch hohe Haus schlendert. "Mit Schlips, das würde nicht zu mir passen", sagt der 58-Jährige - und räumt ein, auch "ein wenig nervös" zu sein an seinem ersten Tag in der großen Politik.

Das ist es auch für die beiden AfD-Abgeordneten Michael Frisch (Trier) und Jens Ahnemüller (Konz). "Ich bin neugierig und gespannt auf das, was da kommt", sagt Frisch, dem an diesem Tag noch eine ganz besondere Rolle zukommt. Seine Fraktion schickt den Trierer bei der Wahl der Landtags-Vizepräsidenten gegen die SPD-Bewerberin Barbara Schleicher-Rothmund ins Rennen. Nicht überraschend unterliegt der Trierer. Er wird es verschmerzt haben an diesem ziemlich harmonischen Mainzer Premierentag.
Extra Landtag

Alles neu macht der Mai - dieser Satz trifft auch auf den rheinland-pfälzischen Landtag zu. Weil das "richtige" Landtagsgebäude im historischen Mainzer Deutschhaus derzeit umgebaut wird, tagen die Abgeordneten einen Großteil dieser Legislaturperiode in einem Provisorium - der nur wenige Hundert Meter entfernten Steinhalle des Landesmuseums. Die Halle wurde aufwendig umgebaut, was aber größtenteils der Museumsnutzung zugutekommen soll. sey

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