Archiv 2017 Wie Piloten über der Region den Luftkampf üben

Gleich zwei militärische Flugübungszonen verlaufen über Teilen der Region Trier. Innerhalb dieser Gebiete üben die Piloten aus verschiedenen Nato-Ländern den Luftkampf.

 Ein Kampfjet (F-16) der U.S. Armee. (Archiv)

Ein Kampfjet (F-16) der U.S. Armee. (Archiv)

Foto: dpa

Immer wieder verunsichern laute Knalls über der Region die Menschen. Fast immer sind Kampfjets die Ursache dafür. Sie fliegen mit Überschallgeschwindigkeit, also mit mehr als 1200 Kilometern in der Stunde. Beim Überschreiten der Schallgeschwindigkeit bilden sich Luftverschiebungen und eine kegelförmige Stoßwelle um das Flugzeug herum, die vom Boden aus als Knall oder auch als Donnerschlag wahrgenommen wird.

Militärische Mittagspause

Grundsätzlich sind solche Überschallflüge laut Bundesverteidigungsministerium über ganz Deutschland erlaubt und zwar von Montag bis Freitag von acht bis 20 Uhr, mit Ausnahme der Mittagszeit von 12.30 Uhr bis 14 Uhr. Dass es in der Region Trier häufig knallt, könnte damit zu tun haben, dass sie gleich in zwei militärischen Übungszonen liegt. Eine davon trägt die Bezeichnung TRA Lauter und ist eine über 11.000 Quadratkilometer große Zone, die zeitweise für militärische Übungsflüge reserviert ist. Sie reicht von der Südeifel über Trier, den Hunsrück, das gesamte Saarland und die Westpfalz (samt US-Militärflughafen Ramstein) bis nach Speyer. Der US-Flughafen Spangdahlem und der Bundeswehr-Fliegerhorst in Büchel (Eifel) liegen nicht in einer der insgesamt acht Übungszonen für Militärflüge, die es laut Bundesverteidigungsministerium in Deutschland gibt. Rund um Spangdahlem dürfen im Umkreis von 28 Kilometern und unterhalb von 600 Metern keine taktischen Luftübungen stattfinden. Mitten in TRA Lauter liegt der Truppenübungsplatz Baumholder.

TRA Lauter wurde 2001 um fast die Hälfte vergrößert, nachdem das Übungsgebiet Eifel wegen zunehmenden zivilen Flugverkehrs weggefallen ist. Laut Kritikern ist TRA Lauter mit über 500 Einwohnern pro Quadratkilometern die am dichtesten besiedelte Übungszone in Deutschland. In diesen Zonen (und damit auch in TRA Lauter) ist genau festgelegt, zu welchen Uhrzeiten Übungsflüge stattfinden dürfen, und zwar im Sommer montags bis freitags von 8 bis 21 Uhr, im Winter bis 23.30 Uhr, freitags jeweils bis 17 Uhr. Die Mindestflughöhe beträgt 3000 Meter. Es gibt aber weder eine Vorgabe für Fluggeschwindigkeit noch für den Lärm, den die Kampfjets, Transportflugzeuge oder Hubschrauber machen dürfen. Für Lärmmessungen bestehe keine Rechtsgrundlage, Lärmgrenzwerte gebe es nicht, heißt es in einer Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Bundestagsanfrage des saarländischen Grünen-Bundestagsabgeordneten Markus Tressel.

Seit Jahren versucht Tressel zusammen mit weiteren Grünen-Parlamentariern, Aufklärung über die Militärflüge über dem Saarland zu bekommen. In der jüngsten Antwort auf die Anfrage Tressels legt das Verteidigungsministerium erstmals konkrete Zahlen über die Zahl und durchschnittliche Dauer der Übungsflüge vor. Demnach dauerten die Flüge in TRA Lauter jeweils zwischen 61 und 74 Minuten. Laut Verteidigungsministerium sind die Flugzeuge auf ihren Übungsflügen nicht bewaffnet. Laut Tressel verläuft die deutsch-französische Übungszone mit dem Namen Polygone von der Südeifel über Teile des Kreises Trier-Saarburg und Trier, das gesamte Saarland sowie Teile der Westpfalz bis ins Elsass nach Frankreich hinein. Für dieses Übungsgebiet gelten andere Vorgaben als für TRA Lauter. Der Luftraum innerhalb von Polygone ist nicht für Militärflüge reserviert. Laut Bundesverteidigungsministerium bedeutet das, dass sowohl Militär- als auch Zivilflugzeuge vor dem Einfliegen in diese Zone eine Freigabe bei der Flugkontrolle einholen müssen. Eine Vorgabe für Mindestflughöhen gibt es hier nicht.

Elektronische Kampfübungen

In Polygone wird - wie aus einer Antwort des Bundesverteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken von 2008 hervorgeht - der "elektronische Kampf (EK) fliegender Waffensysteme" geübt. Die Übungszone "stellt den fliegenden Verbänden ein realitätsnahes Bedrohungsszenario (bodengebundene Luftverteidigung) für die einsatzvorbereitende Verbandsausbildung zur Verfügung und wird zudem für die Erprobung/Überprüfung von EK-Wehrmaterial und für EK-Wirkamkeitsuntersuchungen genutzt", heißt es in der Antwort. Konkret heißt das, dass die Piloten in dieser Zone trainieren, Radaranlagen, Panzer und Abschussrampen anzugreifen und Boden-Luftraketen sowie Angriffen von Flugabwehrgeschützen auszuweichen. Tressel hat herausgefunden, dass in Polygone im Jahr 2013 insgesamt 779 Kampfjets, elf Hubschrauber und 246 Transportflugzeuge geübt haben. Sie kamen, wie aus der Antwort des Verteidigungsministeriums weiter hervorgeht, aus Deutschland, Frankreich, den USA, Belgien, Großbritannien, Italien und anderen Nato-Ländern.

Bessere Verteilung gefordert

Tressel fordert, dass die Übungsflüge nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch innerhalb der Nato-Mitgliedsländer gleichmäßig verteilt werden. "Die können ja über dem Meer üben und nicht ausgerechnet über einer so dicht besiedelten und touristisch genutzten Region wie Trier, Mosel, Hunsrück und dem Nordsaarland", sagt der Politiker im Gespräch mit unserer Zeitung.

Im Mainzer Innenministerium, das für den Luftverkehr in Rheinland-Pfalz zuständig ist, sieht man allerdings keine Veranlassung, gegen die Übungszonen vorzugehen. "Besonders lärmintensive Übungen finden außerhalb der Bundesrepublik Deutschland statt", sagt ein Ministeriumssprecher. Die Zonen seien wichtig für "die Einsatzbereitschaft aller militärischen Kräfte, auch die der Bündnispartner". "Die Soldaten müssen sich darauf verlassen können, dass sie für etwaige Einsätze, die oft mit Gefahren für Leib und Leben verbunden sind, bestmöglich vorbereitet werden." Das Land und die Landesregierung stünden als Teil der Bundesrepublik Deutschland "in solidarischer Verantwortung der Verteidigungsaufgaben innerhalb der internationalen Bündnisverpflichtungen."

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