Wiedersehen im Kanzleramt

Zum ersten Mal seit fünf Monaten trifft sich heute Abend der Koalitionsausschuss von Schwarz-Rot. Es ist das wichtigste Entscheidungsgremium für politische Streitfragen.

Berlin. (vet) Nur auf zwei Problemfeldern ist die Koalition weitgehend handelseinig. Obwohl die Union gern mehr erreicht hätte, dürfte das in der SPD mühsam ausgearbeitete Konzept zur Bahn-Privatisierung heute durchgewinkt werden. Das Modell der Genossen sieht vor, 24,9 Prozent des Güter- und Personenverkehrs an die Börse zu bringen. Strittig ist noch die Verwendung der erhofften Einnahmen (siehe Geld und Markt Seite 7). Politisch abgehakt ist auch die sogenannte Mitarbeiter-Beteiligung. Damit sollen Arbeitnehmer über verbesserte Steuernachlässe und vermögenswirksame Leistungen künftig stärker vom Gewinn ihrer Unternehmen profitieren. Das Konzept bildet die Grundlage für Gesetzesänderungen, die 2009 in Kraft treten könnten. Verhärtet sind die Fronten dagegen immer noch beim Thema Erbschaftssteuer. Die Union bemängelt insbesondere die Konditionen für Firmen-Erben. Nach dem Gesetzentwurf müssen sie den Betrieb mindestens 15 Jahre weiter führen, um Steuernachzahlungen zu vermeiden. Gefordert wird eine kürzere Haltefrist. Für einen Kompromiss drängt die Zeit. Denn nach einem Verfassungsrechtsurteil müsste die Steuer komplett entfallen, falls es keine Reform in diesem Jahr gibt. Auch im Dauerkonflikt um die Ausweitung von Mindestlöhnen stehen die Zeichen weiter auf Sturm. Während die SPD am Wochenende ihre Forderung nach Aufnahme der Zeitarbeit ins Entsendegesetz bekräftigt hat, hält die Union eisern am Gegenteil fest. Dabei kommt ihr auch die Grundsatzeinigung in der Koalition gelegen, wonach osteuropäische Arbeiter erst ab 2011 uneingeschränkt in Deutschland tätig sein dürfen. Über den Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche könne man erst wieder reden, wenn die Grenzen offen seien, heißt es deshalb in der CDU. Beim umstrittenen Gesundheitsfonds ist ebenfalls kein Heil zu erwarten. Bayern besteht nach wie vor darauf, den Finanzabfluss aus reichen Bundesländern über die geplante zentrale Geldsammelstelle zu begrenzen, was in der Praxis aber zu Lasten ärmerer Länder gehen würde. Für Unruhe in der Koalition sorgt auch der bayerische Vorstoß nach Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer. Angesichts der explodierenden Benzinpreise klingt das natürlich populär. Allerdings fehlten dem Bundesfinanzminister dadurch 2,5 Milliarden Euro. Die Etat-Sanierung dürfte daher auch die Gemüter im Kanzleramt erhitzen, zumal die Union das Thema mit einem Sparvorschlag für das SPD-geleitete Arbeitsministerium befeuert hat: Wegen der guten Arbeitsmarktlage könne man drei Milliarden Euro weniger ausgeben, sagt Unionsfraktionschef Kauder.

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