Winzer, Landwirte und Gärtner in der Region im Frostschock
Trier · Grüne Zweige und weiße Blüten in kalter, klarer Luft vor strahlend blauem Himmel. Wunderschön anzusehen. Doch das Frühlingsidyll trügt. Nachtfröste von bis zu minus zehn Grad haben in der Region Trier große Schäden angerichtet – gerade weil die Natur für die Jahreszeit schon außergewöhnlich weit ist.
Besonders hart getroffen hat es Winzer an Mosel, Saar und Ruwer, die am Donnerstag mit besorgten Gesichtern ihre Reben inspizierten und im Laufe des Tages zusehen mussten, wie im Sonnenschein immer mehr Blätter welk und braun wurden. Das wahre Ausmaß der Schäden wird sich erst in wenigen Tagen zeigen. Doch ist in vielen Lagen schon jetzt offensichtlich, dass der Frost junge Triebe und Knospen zerstört hat. "Die Lage ist mehr als dramatisch", sagt Winzer Stephan Steinmetz aus Wehr an der Obermosel. Er baut Elbling, Weißburgunder, Spätburgunder und Auxerrois an und fürchtet, dass er in den vergangenen Nächten 70 Prozent seines Ertrags verloren hat. Und das ganz am Anfang eines Jahres, von dem die Winzer hofften, es würde besser werden. 2016 hatte der falsche Mehltau so sehr gewütet, dass die Keller weit weniger gut gefüllt sind als üblich. "Wir müssen unsere Kunden beliefern", sagt Steinmetz besorgt und hofft darauf, von Winzern, die es weniger hart getroffen hat, Trauben zukaufen zu können.
[Winzer Timo Dienhart vom Weingut zur Römerkelter in Maring-Noviand (Landkreis Bernkastel-Wittlich) zeigt in einem Facebook-Video die Schäden, die der Frost an den Reben angerichtet hat]
Das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Mosel hat sich am Donnerstag einen ersten Überblick verschafft. "Es sind überall Frostschäden zu finden - von kaum nennenswert, bis hin zu Totalschäden. Das heißt null Ertrag", sagt Eric Lentes.
Laut Mosel-Weinbaupräsident Rolf Haxel hat der Frost lokal sehr unterschiedlich zugeschlagen. Besonders betroffen seien Parzellen in Seitentälern der Mosel, durch die die eiskalte Luft hinabströmte und laut Lentes auch Flachlagen, in denen sich die kalte Luft sammeln konnte. Zudem habe es früh austreibende Reben wie Müller-Thurgau und Elbling viel stärker erwischt als den Riesling. "Mich trifft es sehr, wir haben viele frühe Sorten", sagt Günter Meierer aus Osann-Monzel, der nun fürchtet, weniger Federweißen produzieren zu können.
Während in anderen Regionen Deutschlands Feuer entfacht wurden und Hubschrauber unterwegs waren, um warme Luft nach unten zu wirbeln, haben sich in der Region nur einzelne Winzer gegen die Kälte gewehrt. So hat Peter Schleimer aus Trier-Olewig nachts um halb fünf Eimer mit brennenden Paraffinkerzen zwischen seinen Reben verteilt. Die Temperatur sei dadurch lokal von minus fünf auf 0,4 Grad gestiegen. Ein Erfolg: In dem Berg entstanden keine Schäden.
Kleiner Trost ist, dass geschädigte Rebstöcke überleben, da sie "Nebenaugen" haben - Knospen, die im Notfall austreiben. Nur Trauben tragen diese nicht. Weniger erfreulich ist, dass weitere, wenn auch leichtere Nachtfröste angekündigt sind. "Es ist noch nicht vorbei", sagt Schleimer. Und die Eisheiligen kommen erst Mitte Mai.
Nicht nur Winzer, auch rheinland-pfälzische Obstbauern, Baumschulen und Hobbygärtner hat der Frost getroffen. Während die Trier-Zewener Obstbaubetriebe ihre Erdbeeren rechtzeitig mit Planen und Tunneln vor dem Frost schützten konnten, sind die empfindlichen Pflanzen in vielen Gärten erfroren. Auch Tomaten oder Überwinterungspflanzen wie Oleander sind gefährdet. Und wer so übermütig war, den Balkon zu begrünen, dürfte Pech haben: Geranien, Petunien und Begonien sind sehr empfindlich.
"Wir haben mit Sicherheit Frostschäden davongetragen", heißt es auch von der Trierer Baumschule Bösen. Denn viele Laubgehölze haben im warmen März früher ausgetrieben.
Die Bauern hadern nicht nur mit der Kälte, die stellenweise das Gras erfrieren lässt, bis ein blauer Glanz über den Wiesen liegt, sondern auch mit der lang anhaltenden Trockenheit. Gras und Getreide hätten das Wachstum komplett eingestellt, sagt Manfred Zelder vom Bauern- und Winzerverband Bernkastel-Wittlich. "Wenn das so weitergeht, müssen wir uns ernsthaft überlegen, wie wir im Sommer unsere Kühe füttern", sagt er.
Auch der Wald hat zu kämpfen. "Die jungen Bäumchen sind kurz vorm Vertrocknen und dann schädigt auch noch der Spätfrost die Blätter", sagt Helmut Lieser, dessen Saarburger Forstamt die Frühjahrspflanzungen wegen der widrigen Umstände auf den Herbst verschoben hat.