"Wir lassen uns nicht mundtot machen"

"Es war uns klar, dass wir mit Konsequenzen rechnen mussten", sagte Pascal Husting, Geschäftsführer der Luxemburger Greenpeace-Sektion am Montag bei einer Pressekonferenz. Nicht erwartet habe man allerdings, dass der Schadensersatz in 29 Einzelklagen der Tankstellen eingefordert werden würde.

 Lassen sich nicht einschüchtern: Greenpeace-Aktivisten ­ hier im Oktober in Wasserbillig ­ wollen trotz der Esso-Klage weiter gegen den Konzern protestieren.Foto: TV -Archiv/Friedemann Vetter

Lassen sich nicht einschüchtern: Greenpeace-Aktivisten ­ hier im Oktober in Wasserbillig ­ wollen trotz der Esso-Klage weiter gegen den Konzern protestieren.Foto: TV -Archiv/Friedemann Vetter

Nach einer Protestaktion gegen die "klimazerstörende Politik" von Esso am 25. Oktober, bei der Umweltschützer sämtliche Tankstellen des Konzerns im "Ländchen" 14 Stunden lang stillgelegt hatten, drohen Greenpeace Luxemburg und Greenpeace International Schadensersatzforderungen in Höhe von insgesamt 309 000 Euro. Darin sind etwa 123 000 Euro Schadensersatz für Einkommensverluste des Konzerns und der Tankstellenpächter ­ errechnet aus den Verdiensten an einem vergleichbaren Tag ­ sowie Prozesskosten in Höhe von 186 000 Euro enthalten. Dadurch, dass jeder einzelne Tankstellenpächter eine Klage eingereicht habe, fielen die Prozesskosten wesentlich höher als die Einkommensverluste aus, sagte Husting. "Daran lässt sich erkennen, dass es dem Konzern nicht um den Schadensersatz geht, sondern darum, uns einzuschüchtern und zu kriminalisieren", meinte Martina Holbach von Greenpeace Luxemburg. Dennoch sehen die Umweltschützer dem Rechtsstreit mit Zuversicht entgegen. Die Schadensliste der Tankstellen enthalte viele Ungereimtheiten. "Esso muss Trans-parenz schaffen. Es wird schwierig werden, die Verluste nachzuweisen", sagte Holbach. Greenpeace Luxemburg erwartet deshalb einen mehrjährigen Prozess. Falls der Schadensersatz letztendlich doch gezahlt werden müsse, treffe es Greenpeace Luxemburg "relativ empfindlich", so Husting. Die 309 000 Euro Schadensersatz entsprächen der Hälfte des Jahresbudgets der Luxemburger Sektion. "Wir lassen uns damit aber nicht mundtot machen", fügte er hinzu. Die Kampagne gegen den Konzern, der den Klimawandel leugne, eine Umsetzung des Kyoto-Protokolls ablehne und als einziger Konzern nicht in erneuerbare Energien investiere, werde fortgeführt. Greenpeace will in den kommenden Wochen die Verbraucher zu einem Boykott der Esso-Tankstellen aufrufen. Aber nicht nur Esso wolle den Luxemburger Aktivisten einen "Maulkorb" verpassen, sagteHusting. Er kritisierte auch einen Gesetzesvorschlag, den der luxemburgische Justizminister Luc Frieden drei Wochen nach der Greenpeace-Aktion auf den Weg gebracht hat und der jetzt dem Parlament vorgelegt wurde. Er sieht Freiheits- und Geldstrafen für ein nicht erlaubtes Eindringen oder einen unerlaubten Aufenthalt auf privaten und öffentlichen Grundstücken sowie das Stören von Aktivitäten auf solchen Grundstücken vor. Werden bei einer Besetzung oder Blockade darüber hinaus Drohungen ausgesprochen, erhöht sich das Strafmaß. Zum Zeitpunkt der Tankstellen-Blockade war die Rechtslage unklar: Der Strafbestand der Nötigung existierte nicht, und Hausfriedensbruch kam nicht in Frage, weil es sich bei Tankstellen nicht um geschlossene Häuser handelt. Die Polizei konnte nicht eingreifen, die Aktion durfte nicht verboten werden. Husting sieht das Demonstrationsrecht und die Menschenrechte in Gefahr. "Das betrifft nicht nur uns, sondern bedeutet generell eine Einschüchterung des zivilen Widerstands."

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