"Wir machen Pädagogik und sind keine Strafanstalt"

Ein Artikel der Berliner "taz" vom Freitag greift Zustände im Jugendhilfezentrum Haus auf dem Wehrborn bei Aach (Kreis Trier-Saarburg) auf. Von Sex unter Minderjährigen, Drogen, Gewalt und überfordertem Personal ist die Rede - überzogen und teilweise unwahr, sagen Träger und Heimleitung.

Aach. "Sex für ein paar Zigaretten" lautet die Schlagzeile, geradezu ungeheuerlich erscheinen die Schilderungen in einem Beitrag der Berliner "Tageszeitung" ("taz") über Zustände im Haus auf dem Wehrborn bei Aach (Kreis Trier-Saarburg). Drogen nähmen in der Einrichtung der Cusanus-Trägergesellschaft Trier (ctt) fast alle, heißt es unter Berufung auf frühere Mitarbeiter und Heimbewohner, Jugendliche böten ihren Körper gegen Sachleistungen an und seien gewalttätig gegen ihre Betreuer. "Im Heim gebe es ein Fressen oder Gefressenwerden", wird eine Jugendliche zitiert.

"Das ist eine böse Ohrfeige für das, was wir geleistet haben und noch leisten wollen", sagt ctt-Geschäftsführerin Vera Bers. Viele der 56 betreuten Kinder und Jugendlichen seien nicht einfach, hätten Missbrauchs- und Gewalterfahrungen hinter sich und oft auch Zeiten in der Psychiatrie verbracht. "Es gibt Lücken", räumt der Pädagogische Leiter Herbert Heitland ein, "wir machen ja auch Pädagogik und sind keine geschlossene Strafanstalt." Eine 24-Stunden-Überwachung sei unmöglich. Grundlage der Arbeit seien regelmäßige Gespräche mit Eltern, Jugendlichen, Jugendämtern und Mitarbeitern des Wehrborns. Heitland: "Jedes Vorkommnis wird dokumentiert, wir arbeiten transparent."

Dass "fast alle" auf dem Wehrborn Drogen nehmen, wie in dem Artikel behauptet, stimme nicht. Wenn jemand auffällig werde, so Heitland, gehe man dem nach, auch mit Drogentests. Problematischer als Drogen seien das Rauchen bei Minderjährigen und der Alkoholkonsum. Die Behauptung, dass so viele Jugendliche wie möglich aufgenommen werden, um das Heim auszulasten, weist der kaufmännische Leiter Stefan Mathy zurück: "Wir könnten mehr aufnehmen, aber uns geht's nicht um Erlöse." Kopfschütteln ruft bei den Verantwortlichen auch die Passage in dem "taz"-Artikel hervor, wo es heißt, das Personal sei nicht über Hepatitis-C-kranke Jugendliche informiert worden. Alle Mitarbeiter, Lehrer, Eltern und zuständigen Jugendämter seien in Kenntnis gesetzt worden, entgegnet Heitland, das Gesundheitsamt habe zwei Untersuchungstermine vor Ort gehabt. Die Aussage, wonach rund die Hälfte der Mitarbeiter nach einem Jahr kündigen, entspreche ebenfalls nicht den Tatsachen.

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