"Wir verwalten auf zu vielen Ebenen"

TRIER. Wer über Entbürokratisierung und Verwaltungsreform redet, muss sich auch der unbequemen Diskussion um die Zukunft der Gebietskörperschaften in der Region stellen. Eine mögliche Variante: Die Abschaffung oder Zusammenlegung der vier Landkreise.

Wenn es ans Eingemachte geht, klingen selbst schärfste Bürokratiekritiker so, als wollten sie sich für den diplomatischen Dienst bewerben. Auf die Frage, wie es denn sei mit dem Verzicht auf Kreise oder Gemeinden, antwortet etwa der Geschäftsführer der Initiative Region Trier, Walter Born, als spreche Joschka Fischer vor der Uno: Man habe die Frage "intensiv thematisiert", "auf hohem Niveau diskutiert", alle seien sich "des Problems bewusst" und sähen "Handlungsbedarf". Nur sei da eben niemand, "der den ersten Stein wirft"."Tabulose Überprüfung" gefordert

Vielleicht IHK-Hauptgeschäftsführer Arne Rössel? Über eine so heikle Angelegenheit "müssten wir in unseren Gremien erst noch mal reden". Dabei waren die Kammern im letzten Jahr schon mal ziemlich nahe dran am Klartext. In einem Positionspapier für die Region Trier sprachen sie konkret von der möglichen "Zusammenlegung von Landkreisen" und forderten eine "tabulose Überprüfung" staatlicher Aufgaben. Ein gewichtiges Argument lieferten die Wirtschaftsvertreter gleich mit. Die vier Landkreise Daun, Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm und Trier-Saarburg verfügen im Durchschnitt über gut 100 000 Einwohner - bundesweit sind die Kreise im Mittel fast doppelt so groß. Landkreise wie Rhein-Neckar oder Mainz-Kinzig haben mehr Einwohner als alle vier zusammen - und funktionieren trotzdem. Hans-Hermann Kocks, "Mastermind" der Handwerkskammer und IRT-Vorständler, fordert die Definition "verbindlicher Mindestgrößen" für Kreise und VG's. Verbandsgemeinden mit 6000 Einwohnern seien "Irrsinn". Allein: Die starken Worte der letzten Jahre haben wenig bewirkt. "Nicht die geringste Bewegung", sieht Kocks in Sachen Kommunalreform, schon gar nicht in der Region selbst. Von dem geforderten "Master-Plan", wie man eine komplette Verwaltungsebene in Rheinland-Pfalz einsparen könne, ist bis dato nirgendwo die Rede. Doch wer in den Landkreisen eine betonharte Ablehnungsfront vermutet, liegt falsch. Mit dem Dauner Landrat Heinz Onnertz, Chef des mit 65 000 kleinsten Kreises im Land, kann man über Veränderungen reden. Eines sei klar, sagt der Querdenker aus der Eifel: "Ich weiß, dass wir mit zu vielen Leuten auf zu vielen Ebenen verwalten." Es gebe "viele Doppelzuständigkeiten" und "viele Sachen, die vor Ort geregelt werden könnten, aber nicht geregelt werden dürfen". Als Beispiel führt er an, dass eine Kommune nicht entscheiden könne, zur Beseitigung eines Engpasses für einen begrenzten Zeitraum 27 Kinder in einer Tagesstätten-Gruppe unterzubringen. Der gelernte Jurist wagt sich weit vor: Bei einer umfassenden Reform dürften "Gebietsgrenzen kein Sakrileg sein". Aber Entbürokratisierung könne nicht funktionieren, "wenn wir einfach eine Ebene abschaffen, ohne die Kompetenzen und Funktionen neu zuzuordnen". Schaffe man beispielsweise, wie bisweilen angedacht, Mittelbehörden oder VG's ab, müssten gerade die kleinen Kreise überleben. Lege man hingegen mehrere Kreise zusammen, brauche man starke Verbandsgemeinden. Onnertz' Fazit: Zunächst müssten die zu erledigenden Aufgaben und die funktionale Aufteilung geklärt sein, dann erst habe es Sinn, über mögliche Zusammenlegungen und Auflösungen zu reden. Genau so konziliant sieht das auch der Landrat des Kreises Trier-Saarburg, Richard Groß. Er sei "einverstanden, dass man auch die Kreise in Frage stellt". Dabei müsse "nicht jeder Landkreis eine Bestandsgarantie haben". Aber zuvor müsse man prüfen, "ob es nicht auch Aufgaben gibt, die man problemlos von oben nach unten delegieren kann". Nicht alle spezialisierten Arbeitsgebiete seien für eine Kommunalisierung geeignet, aber es gebe "jede Menge, was man von den Landesbehörden auf die Kreis delegieren kann", sagt Groß - aber auch Einiges, das von den Kreisen "weiter nach unten" verlagert werden könne. Morgen in unserer Serie: Sechs Bürgermeister kleiner Verbandsgemeinden und ihre Zukunft.

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