"Wir wollen keine hochgeklappten Bürgersteige"

TRIER. In vielen Teilen des Landes gehen die Wirte derzeit auf die Barrikaden. Grund: das neue rheinland-pfälzische Immissionsschutzgesetz. Danach ist spätestens um 23 Uhr Schluss mit dem Bierchen im Freien. Wem das als Gast zu früh ist, der sollte in die Region Trier kommen.

 Kein Bild aus Koblenz: Während dort und anderswo im Land um spätestens 23 Uhr die Außengastronomie-Besucher rein- oder heimgeschickt werden, dürfen sie etwa auf dem Trierer Viehmarktplatz noch sitzen bleiben.Foto: TV-Archiv/Josef Tietzen

Kein Bild aus Koblenz: Während dort und anderswo im Land um spätestens 23 Uhr die Außengastronomie-Besucher rein- oder heimgeschickt werden, dürfen sie etwa auf dem Trierer Viehmarktplatz noch sitzen bleiben.Foto: TV-Archiv/Josef Tietzen

Endlich Abend, die Sonne hinter dem Horizont verschwunden und die Temperaturen etwas weniger schweißtreibend als am Tag - so dachten in den vergangenen Wochen viele und spazierten zu später Stunde noch in den nächstgelegenen Biergarten, um etwas Kühles im Freien zu trinken. Zur Freude der Getränkehersteller und Gastronomen, die im Juli Rekordumsätze vermeldeten. Trotzdem sind zahllose Wirte im Land sauer, sogar "stocksauer", sagt Jürgen Bell, der in der Koblenzer Altstadt eine Kneipe mit Außengastronomie betreibt. Stein des Anstoßes: eine Neuregelung im rheinland-pfälzischen Immissionsschutzgesetz. Danach müssen die Wirte im Land ihre im Freien sitzenden Gäste um spätestens 23 Uhr rein- oder heimschicken - aus Lärmschutzgründen. Kontrolliert wird dies von den jeweiligen Ordnungsämtern, deren Mitarbeiter in einigen Kommunen offenbar besonders penibel sind. Etwa in Koblenz. Dort protestieren Wirte und Gäste mit einer Unterschriftenaktion gegen die "23-Uhr-Regel". Ähnlich restriktiv wie in Koblenz geht es auch andernorts im Land Gastronomen an den Kragen, die die Sperrzeit überschreiten. "Auch in Kaiserslautern, Mainz oder Ludwigshafen gibt's Schwierigkeiten", weiß Hauptgeschäftsführer Lothar Arnold vom Hotel- und Gaststättenverband (Hoga) Rheinland. Der Funktionär will sich daher mit seinen Kollegen auf Landesebene dafür einsetzen, dass der umstrittene Gesetzespassus noch einmal überprüft wird. Arnolds Vorschlag: wochentags bis 24 Uhr und samstags, sonntags bis 1 Uhr. Über derartige Diskussionen können die meisten Gastronomen in und um Trier nur schmunzeln. Wer etwa in den vergangenen schweißtreibenden Wochen um Mitternacht durch die Trierer Innenstadt flanierte, hatte Mühe, vor einem der zahllosen Lokale mit Außengastronomie noch ein freies Plätzchen zu ergattern. Ob auf Viehmarkt, Kornmarkt oder Domfreihof: Überall war fast alles belegt - selbst über Mitternacht hinaus. Gilt das rheinland-pfälzische Immissionsschutzgesetz etwa in Trier nicht? "Wir sind flexibel", meint der städtische Sprecher Jürgen Backes. Wer bis 23 Uhr oder länger draußen bewirten wolle, benötige eine Ausnahmegenehmigung. Die werde auch erteilt, wenn Anwohner nicht gestört würden. "Wir wollen in Trier schließlich kommunikative Plätze und keine Bürgersteige, die nach 22 Uhr hochgeklappt werden", sagt Backes. Klare Worte, die den Trier-Saarburger Gaststättenverbands-Chef Helmut Scheuering freuen dürften. "Mir ist auch kein aktueller Fall bekannt, in dem die Ordnungsbehörden eingeschritten wären", sagte Scheuering gestern unserer Zeitung. Auch seine Verbandskollegen aus der Südeifel und dem Kreis Bernkastel-Wittlich, Peter Wagner (Irrel) und Dieter Kettermann (Bernkastel-Kues), haben keinen Grund zur Klage. "Mir ist bis dato keine Beschwerde zu Ohren gekommen", sagt Kettermann. Woran das bloß liegt? "Wir können froh sein, so großzügige Leute zu haben", sagt der Bitburg-Dauner Hoga-Vorsitzende Peter Wagner und meint damit wohl Anwohner und Ordnungsbehörden gleichermaßen.

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