"Wir wollen sensibilisieren"

WITTLICH. (noj) Erstaunte Blicke am Freitag in einem Discount-Markt in Wittlich: Rund 50 Bauern, Winzer und Landfrauen aus den Kreisen Cochem-Zell, Bernkastel-Wittlich und Daun mischen sich unter die Kunden und kaufen je eine Flasche Wein und eine Tüte Milch - freiwillig zu einem höheren Preis. Ihr Ziel: Protest gegen Dauerniedrigpreise.

Viele Kunden blicken mißtrauisch: Sie wundern sich, was die Gruppe, die sich gegenüber des Discountmarktes zusammenfindet, wohl bezweckt. Ein erster Hinweis findet sich auf dem Schild, das jeder der Anwesenden trägt: "Wir kaufen zu fairen Preisen." Was das zu bedeuten habe, erkundigt sich auch gleich ein junger Mann bei Monika Baumgartner vom Landfrauenverband Bernkastel-Wittlich. "Wir wollen sensibilisieren" erklärt sie. Die Lebensmittel hätten eine höheren Wert als den, für den sie verkauft würden. Leo Blum, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, fordert die Anwesenden auf, sich so zu benehmen "wie es Verbraucher tun". Man wolle niemanden verärgern. Während dann jeder der Protestteilnehmer eine Flasche Wein für 1,29 Euro aus dem Regal nimmt und später eine Tüte Milch für 49 Cent, sprechen einzelne von ihnen die übrigen Kunden an, um über ihr Anliegen zu informieren. "Ich denke, der Bauer kriegt nicht viel für seine Produkte", zeigt Barbara Bemsch aus Wittlich Verständnis für die Aktion. "Man guckt ja immer, wo es am billigsten ist", erklärt ein anderer Kunde, warum er gern bei Aldi & Co. einkaufen geht. Ein anderes Ehepaar zeigt Sympathie für die Bauern und Winzer. Sie kämen selbst aus der Landwirtschaft. "Aber wenn die Rente kaum höher ist als der Sozialhilfesatz, muss man sehen, wo man am günstigsten einkaufen kann", rechtfertigen sich die beiden. An den Kassen herrscht unter den Verkäuferinnen zunächst Ratlosigkeit, wie sie mit dem zuviel gezahlten Geld - bei der Milch sind es jeweils fünf Cent, beim Wein 50 Cent - umgehen sollen. "Eingetippt wird nur der normale Preis, der Rest wird gespendet", erklärt schließlich der Chef. Nachdem die Landwirte, ausgerüstet mit Milch und Wein, wieder draußen sind, richtet Leo Blum das Wort an sie. 1,29 Euro für eine Flasche Moselwein sei zu wenig ebenso wie 49 Cent für die Milch. "Damit kann kein Landwirt bestehen." Es gehe um die Existenz der Bauern, Winzer und der gesamten Region.

Der für Samstag geplante Protest in Trier ist abgesagt worden.

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