"Wir würden auch bei Schneefall schwimmen"

Trier · Der Sommer macht Pause. Gastronomen und Landwirte sind genervt, zumal die Aussichten auf eine schnelle Rückkehr des Sommers schlecht sind. Nur die Dauerschwimmer in den Freibädern nehmen die Wetterkapriolen gelassen hin.

 Für sie gibt es kein schlechtes Wetter: Elisabeth Morgen (links) und Monika Keil sind Dauergäste im Freibad Trier-Nord. TV-Foto: Rainer Neubert

Für sie gibt es kein schlechtes Wetter: Elisabeth Morgen (links) und Monika Keil sind Dauergäste im Freibad Trier-Nord. TV-Foto: Rainer Neubert

Trier. Wenn Schwimmmeister Jochem Knob um 6 Uhr die Pforten des Freibads Trier-Nord öffnet, kann er seine Badegäste mit Handschlag begrüßen. "Unsere Frühschwimmer kenne ich alle mit Namen", sagt der 62-Jährige und nennt nicht ohne Stolz die Zahl von 400 verkauften Stammkarten. "Auch bei diesem kühlen Wetter haben wir hier im Nordbad an jedem Tag 200 bis 250 Besucher. Im Südbad waren es gestern gerade einmal 39."Wetterfeste Stammgäste


Monika Keil gehört zu denen, die fast täglich das Schwimmen in dem 24 Grad warmen Wasser genießen. "Das Wetter kann sein, wie es will", sagt die 70-Jährige lachend. An drei Tagen der Woche trifft sie sich mit Elisabeth Morgen (74), die versichert, selbst Schnee könnte sie nicht vom Freibadbesuch abhalten.
Weniger wetterfest zeigen sich in diesen kühlen Tagen viele Touristen. Gereon Haumann, Landespräsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) hofft mit seinen Mitgliedsunternehmen sehnlichst auf beständiges und vor allem warmes Wetter. "Wir brauchen dringend einen super Altweibersommer, sonst werden alle positiven Zahlen des ersten Halbjahres die Mosel hinunterlaufen."
Von der Fußball-Weltmeisterschaft habe die Kleingastronomie nicht wie erhofft profitiert. "Wegen des erfolgreichen Turnierverlaufs sind zudem viele Städtereisen verschoben worden. So hat die WM insgesamt der Gastronomie und dem Tourismus ein Minus beschert." Nun drohe ein ähnlich schlechtes Jahr wie 2013. "Da waren das erste Halbjahr grottenschlecht und alle Feiertage verregnet. Nun haben wir ein gutes erstes Halbjahr und möglicherweise eine miserable zweite Jahreshälfte."
Die Befürchtungen der Bauern sind ähnlich. "Wir blicken voller Sorge auf die Wetterentwicklung", sagt Heribert Metternich, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz.Besorgte Bauern


"Der ständige Regen und die Nässe haben dazu geführt, dass die Ernte nicht vollständig eingebracht werden konnte. Mehr als 20 Prozent des Getreides stehen noch nass auf dem Halm", sagt Metternich; vor allem mit erheblichen Qualitätsverlusten müssten die Bauern rechnen. Die Preise fallen.
Dunkle Wolken also über der Landwirtschaft. Im Handwerk sind es vor allem Gewitter und Starkregen, die Sorge bereiten. "Wenn wir immer wieder die Baustelle gegen die Nässe schützen müssen, steigen die Kosten", erläutert Herbert Tschickart, Kreishandwerkermeister von Trier-Saarburg. "Das lässt sich in keine Kostenkalkulation wirklich einplanen." Gleichzeitig bestätigt er: "Es hat selten ein Jahr gegeben, in dem wir auch im Winter und Frühjahr so gut durcharbeiten konnten." Der Blick auf die Wetter-App des Smartphones sei auf der Baustelle inzwischen aber Standard, besonders bei unbeständigem Wetter.
Das hält allerdings auch in der Vulkaneifel nicht alle Menschen davon ab, sich ein Bad im Gemündener Maar zu gönnen. Schwimmmeister Dietmar Geib sieht es mit Freude: "Hier agieren einige Urlauber nach dem Motto, dass der Sommer befohlen ist, egal was das Wetter macht." Es gebe eine ganze Anzahl von Stammgästen, die bei Regen und kühlen Temperaturen in das 19 Grad kalte Wasser steigen. Geib ist beim Blick auf das Wetter optimistisch, anders als TV-Wetterexperte Dominik Jung (siehe "Vier Fragen an ..."), der keine Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr des Sommers macht.Wenig Hoffnung auf Sommer


So wird das Freibad in Bitburg möglicherweise wie in der vergangenen Woche witterungsbedingt geschlossen bleiben. In Prüm fällt der Besuch im Freibad wegen Sanierungsarbeiten in dieser Saison eh aus. Im Vitellusbad in Wittlich können sich die Gäste in einem eigenen Wärmebecken zumindest vor oder nach dem Schwimmen wieder auf Temperatur bringen. "Wasser mit 30 Grad ist da sehr angenehm", wirbt Rainer Stöckicht von der Stadtverwaltung für das Freibad der Säubrennerstadt. 50 bis 80 Besucher pro Tag kommen derzeit täglich dorthin. Es sind Stammgäste wie die in Trier-Nord, die sich nicht von Wind und Wetter abschrecken lassen.
In einer der beiden abgesperrten Bahnen für die sportlichen Schwimmer spult Rolf Arnold sein Training ab. Wie alle Freibadgäste ist er trotz des wolkenverhangenen Himmels und der herbstlichen Temperaturen an diesem Tag bester Laune. "Hier im Wasser ist es herrlich warm. Was will man mehr?"Extra

... Diplom-Meteorologe Dominik Jung vom Wetterportal wetter.net: Wochenlang war es fast schon tropisch - und plötzlich ist der Herbst da. Was ist passiert? Jung: Der Ex-Hurrikan Bertha hat die Großwetterlage durcheinandergewirbelt. Die schwül-warme Südwestströmung wurde abgeschnitten, stattdessen kommt nun kühle Luft aus Nordwesten zu uns. Was sagt die Statistik zu diesem Sommer? Jung: Der Sommer war stellenweise richtig seltsam. Der Juni war zu warm, viel zu trocken und zu sonnig. Auch der Juli war deutschlandweit gesehen viel zu warm, aber zugleich auch deutlich zu nass. Und unterm Strich könnte es der erste "zu kühle" August seit acht Jahren werden. Am 31. August endet für die Meteorologen bereits der Sommer. Ist bis dahin noch mal mit Hitze zu rechnen? Jung: Nein! Hitze würde Temperaturen von mindestens 30 Grad oder mehr bedeuten. Solche Werte sind nicht mehr in Sicht. Können wir mit einem schönen Spätsommer rechnen? Jung: September oder Oktober brachten eigentlich immer ein paar schöne Tage oder sogar Wochen mit viel Sonnenschein und angenehmen Temperaturen. Allerdings ist noch kein schöner Spätsommer in Sicht. r.n.

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