Wirtschaft warnt: Grenzkontrollen bedeuten Staus und weniger Aufträge

Trier · Wie lange bleiben die Grenzen in Europa noch offen? Wegen des Flüchtlingsstroms wird darüber diskutiert, das sogenannte Schengen-Abkommen auszusetzen. Die regionale Wirtschaft warnt eindringlich davor.

Über die Hälfte der Deutschen ist dafür, wieder Grenzkontrollen innerhalb der EU einzuführen, um die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren. Das Ergebnis der Umfrage zum ARD-Deutschlandtrend bestätigt die politische Diskussion, die derzeit auf europäischer Ebene geführt wird. Die EU-Kommission prüft, ob das nach dem luxemburgischen Moselort Schengen benannte Abkommen, das seit 1985 die Reisefreiheit in der EU regelt, für zwei Jahre ausgesetzt werden kann, es also wieder Grenzkontrollen geben soll.

Der Trierer Politikwissenschaftler Joachim Schild geht davon aus, dass es soweit kommen wird, falls sich die Zahl der in die EU kommenden Flüchtlinge bis Mai nicht weiter reduzieren wird. "Das könnte das Ende des Schengen-Systems einläuten", sagt Schild. Deutschland kontrolliert bereits seine Grenzen zu Österreich, auch Dänemark und Schweden haben wieder Grenzkontrollen eingeführt. Das sei nicht verwunderlich, sagt der CDU-Europabgeodnete Werner Langen aus Oberfell (Mayen-Koblenz). Solange "unkontrollierte Flüchtlingsströme in Europa Frieden und Wohlstand suchen", könnten Grenzkontrollen kaum verhindert werden.

Das endgültige Ende von Schengen würde nicht nur wieder Staus an den Grenzen bedeuten. Es würde nach Expertenschätzung die europäische Wirtschaft mehr als 100 Milliarden Euro kosten. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier rechnet für die Region mit einem Schaden von 50 Millionen Euro, vor allem durch die Wartezeiten der LKW an den Grenzen, mögliche Auftragsverluste in den Nachbarländern und dem möglichen Ausbleiben von Kunden aus Luxemburg.

Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) spricht sich dafür aus, die offenen Grenzen des Schengen-Raums zu erhalten. "Das ist für die rheinland-pfälzische Wirtschaft wichtig." Die exportorientierten Unternehmen hätten gute Geschäftsbeziehungen mit den Nachbarländern. "Diese dürfen nicht erschwert werden", sagt Lemke.

Für den Luxemburger EU-Abgeordneten Charles Goerens wäre das Ende des Schengen-Abkommens eine Katastrophe für die Grenzregion: "Mehr Schikane, viel Zeitverlust, Arbeitsplätze in Gefahr", fasst der Liberale die Nachteile zusammen.Mehr zum Thema

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