Zumutung für das mutmaßliche Opfer

TRIER. Nur mühsam kommt der Prozess um einen 43-jährigen Landwirt, der seine ehemalige Lebensgefährtin bedroht und misshandelt haben soll, wieder in Gang.

Allein die Chronologie des unglücklichen Verfahrens füllt Bände. Vor einem halben Jahr traf man sich erstmals vor dem Trierer Landgericht - aber dann erinnerte sich der Vorsitzende Richter an seinen dräuenden Ruhestand. Unauffällig ließ man den Prozess platzen und beraumte ihn ein paar Wochen später neu an. Im Mai begann der Tragödie zweiter Teil, drei stolze Wahlverteidiger standen dem Angeklagten zur Seite. Doch von Verhandlungstag zu Verhandlungstag wurden merkwürdigere Praktiken zur Zeugen-Beeinflussung deutlich. Bis der erste Wahlverteidiger von sich aus das Handtuch warf, der zweite den taktischen Rückzug antrat und der dritte seinerseits eine Anklage wegen versuchter Strafvereitelung einfing, was sein Verweilen im Verfahren ausschloss. Seither bemüht sich die inzwischen amtierende Vorsitzende Richterin Gabriele Neuberg-Krey nach allen Regeln der Kunst, das wacklige Verfahren zu retten. Zunächst benannte sie den freiwillig ausgeschiedenen, unbelasteten Wahlverteidiger als Pflichtverteidiger. Damit hätte dem Angeklagten weiter ein Rechtsanwalt zur Verfügung gestanden, der den Prozess von Anfang an mit allen wesentlichen Aussagen verfolgen konnte. Gegen die Beiordnung dieses Pflichtverteidigers legte Frank T. beim Oberlandesgericht Beschwerde ein - und bekam Recht. Bittere Konsequenz: Für die beiden inzwischen "nachnominierten" neuen Wahlverteidiger müssen Zeugenaussagen neu eingeholt werden. Fatal für das mutmaßliche Opfer: Die 37-jährige Petra G. muss ein weiteres Mal das Martyrium über sich ergehen lassen, die unglückliche Beziehung zum Angeklagten und die ihm vorgehaltenen Taten in allen Details zu schildern. "Es tut mir leid, aber es geht nicht anders", sagt die Vorsitzende am 13. Verhandlungstag. Erneut erzählt die Kunstreiterin aus ihrer Sicht, wie sie den Angeklagten kennen lernte, über Nacht mit ihren Pferden zu ihm auf den Bauernhof zog. Von wachsendem Misstrauen ist die Rede, von Wutausbrüchen, ersten Misshandlungen. Frank T. habe "zwei Gesichter gehabt", sagt die kleine, zierliche Frau, "das eine habe ich abgöttisch geliebt, vor dem anderen hatte ich Angst". Die Angst lässt sie mehrfach flüchten, die Liebe bringt sie zurück. An einem Tag Schläge, am anderen einen Eimer voll Baccara-Rosen - so schildert sie die Beziehung. Aber die Gewalt eskaliert, die Anklageschrift spricht von "massiven gewalttätigen Übergriffen". Schließlich soll es zu einem gefährlichen Angriff mit dem Geländewagen auf das fahrende Auto von Petra G. gekommen sein. Von Anfang an hat die Verteidigung die Glaubwürdigkeit des Opfers angezweifelt. Die Konflikt-Strategie ist mit einem Feuerwerk von (abgelehnten) Beweis-, Aussetzungs- und Befangenheitsanträgen gekoppelt, zunächst gegen den alten Vorsitzenden, nun auch gegen Neuberg-Krey. Die Kammer verhandelt vor- und umsichtig, wartet doch die Verteidigung offenkundig nur auf neue Fußangeln. Ob es dem Angeklagten nützt, steht auf einem anderen Blatt. Er muss jedenfalls, so der Beschluss der Kammer, weiter in Untersuchungshaft bleiben.

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