Zusammenarbeit am Nullpunkt

Mainz · Mobbingkampagne des Ministeriums oder Führungsschwäche eines Amtsleiters? Im Landesamt für Geologie und Bergbau (LGB) ist die Luft zum Schneiden. Gleich mehrere Abteilungsleiter begehren gegen Behördenchef Harald Ehses auf.

Mainz. Im Landesamt für Geologie und Bergbau fühlen sich mehrere Mitarbeiter von ihrem Behördenchef Harald Ehses kontrolliert und drangsaliert. Aus dem Umfeld des 54-Jährigen indes wird eine ganz andere Geschichte erzählt: Weil der Amtsleiter die Landesregierung beim Hochmoselübergang in die Bredouille gebracht habe, hätten die zuständigen Ministerien die Mitarbeiter aufgehetzt, um ihn wegzumobben. Starker Tobak von allen Seiten.
Fakt ist: Ehses hat mit seiner Forderung nach einem zusätzlichen hydrogeologischen Gutachten zum Bau der Hochmoselbrücke mächtig landespolitischen Staub aufgewirbelt. Indirekt stellte er die Stabilität des Megaprojekts infrage, das auf der Eifelseite an einem Rutschhang errichtet wird. Das 160 Meter hohe und 1,7 Kilometer lange Bauwerk soll die Mosel bei Ürzig (Kreis Bernkastel-Wittlich) überqueren. Die SPD setzte den derzeit größten Brückenbau Europas bei den Koalitionsverhandlungen 2011 gegen den massiven Widerstand der Grünen durch. Das neue Gutachten wurde mittlerweile in den zuständigen Landtagsausschüssen vorgestellt und gibt grünes Licht für den Weiterbau der Brücke. Die untergründigen Strömungsverhältnisse werden allerdings ein Jahr untersucht. Während die Grünen die Expertise befürworteten, wurden die öffentlichkeitswirksamen Zweifel des LGB-Leiters in der SPD höchst kritisch gesehen.
Im Innenministerium (zuständig für die Hochmoselbrücke) und im Wirtschaftsministerium (zuständig für das LGB) ist Ehses schon länger in Ungnade gefallen. Er gilt als egozentrischer Solotänzer, der sich an keinerlei Absprachen hält und kaum zu führen ist. Geholt wurde er vor 14 Jahren vom damaligen FDP-Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage. Danach war Hendrik Hering als SPD-Wirtschafts minister für ihn zuständig. Bei den Sozialdemokraten erzählt man bereitwillig, dass es früher bereits Probleme mit dem eigenwilligen Behördenleiter gab, der auch fachlich gelegentlich ein wenig zu forsch vorgeprescht sein soll.
Maulkorb von Lemke


Inzwischen bekommt Ehses von zwei Seiten Druck: von der Regierung und von seinen eigenen Leuten im LGB. Zuerst verpasste ihm Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) einen Maulkorb, dann schickten Mitte Juni gleich vier Abteilungsleiter und zwei Referatsleiter einen Brandbrief an Lemke. Inhalt: Die Beamten werfen dem Amtsleiter selbstherrliches Verhalten und einsame Entscheidungen vor.
Wörtlich heißt es in dem Schreiben laut einem Bericht der Rhein-Zeitung: "Inzwischen ist die Zusammenarbeit mit dem Amtsleiter, Herrn Prof. Dr. Ehses, am Nullpunkt angekommen. Er ignoriert uns einerseits vollkommen, anderseits verschlechtert er mit nicht nachvollziehbaren Entscheidungen und undurchführbaren Vorgaben das Arbeitsklima in nicht hinnehmbarer Weise." Die Forderung zwischen den Zeilen: Lemke soll Ehses rauswerfen. Die Reaktion erfolgte prompt. In einem zweiten Brief ans Ministerium versicherten Mitarbeiter, hinter Ehses zu stehen. Danach erholte sich der umstrittene Amtsleiter erst einmal im Urlaub. Nach seiner Rückkehr am Montag mahnte er seine Mitarbeiter dann, nicht eigenständig mit dem Wirtschaftsministerium zu reden.
Der Personalrat redet weder mit Ehses noch mit der Presse, dafür aber die Gewerkschaft. Verdi-Fachbereichsleiter Paul-Christian Koch zu unserer Zeitung: "Der Ball liegt jetzt ganz klar im Wirtschaftsministerium." Dort sei Befriedung der chaotischen Lage angesagt. Für den 10. Juli ist eine Betriebsversammlung im LGB angesetzt.
Im Umfeld von Ehses heißt es, die SPD habe den Amtsleiter wegen seinen kritischen Äußerungen zur Hochmoselbrücke, die vor allem im Innenministerium bitter aufstießen, zum Abschuss freigegeben. Danach sei eine Mobbingkampagne angelaufen, indem LGB-Mitarbeiter ermutigt worden seien, den Behördenchef ganz gezielt zu denunzieren.
Um Ehses abzusetzen, muss ihm dienstrechtlich Fehlverhalten nachgewiesen werden. Bislang liegt aber nichts Belastbares vor. In Regierungskreisen weist man indes darauf hin, dass Beamte eher selten und schon gar nicht grundlos den Aufstand gegen ihren Dienstvorgesetzten proben.
Die Lage ist verfahren. Nun soll es ein "externes Unternehmen", also ein Mediator, richten, wie Wirtschaftsstaatssekretär Uwe Hüser (Grüne) am Abend nach getrennten Krisengesprächen mit Ehses, den Abteilungsleitern und dem Personalrat erklärte. Der Konflikt soll in einem "professionell gesteuerten Prozess" aufgearbeitet werden, um "Spannungen abzubauen". Kein Job, um den man den Mediator beneiden möchte.

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