Zuwanderung löst Skepsis aus

Mainz · Die rheinland-pfälzische Bevölkerung ist beim Thema Zuwanderung regelrecht gespalten. Auch das ist ein Ergebnis der neuen Landesstudie zum demografischen Wandel. Sie dokumentiert, wie die Rheinland-Pfälzer auf den Megatrend reagieren, dass die Bevölkerung sinkt und zugleich immer älter wird.

Mainz. "Migration wurde kontrovers diskutiert." Das sagt Walter Ruhland, Geschäftsführer des Instituts Polis-Sinus, auf die Frage, welches Thema emotionale Reaktionen auslöst, wenn über den demografischen Wandel gesprochen wird. Ein Resultat der Umfrage, die im Hause des rheinland-pfälzischen Demografieministers Alexander Schweitzer (SPD) ausgewertet wird: Die Mehrheit der Rheinland-Pfälzer sieht es skeptisch, den Bevölkerungsschwund durch Zuwanderung auszugleichen. 52 Prozent halten diesen Weg für "eher ungeeignet" bis "gar nicht geeignet". 45 Prozent betrachten ihn positiv. Ministerpräsident Malu Dreyer (SPD) will daher der Frage nachgehen, "warum die Ängste bei dem Thema so stark sind".
Ruhland sieht aber auch Anzeichen für einen Bewusstseinswandel. Er glaubt, dass mehr Menschen erkennen, dass Zuwanderer zur Bewältigung des demografischen Wandels nötig sind.
Die CDU-Sozialpolitikerin Hedi Thelen sprach sich für "qualifizierte Zuwanderung" aus, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Zugleich warnte die Christdemokratin vor der Illusion, den Fehlbedarf komplett mit jungen Menschen aus anderen EU-Staaten wie Spanien und Portugal decken zu können. "Dort reißen wir sonst auch Lücken", sagte die Landtagsabgeordnete.
Risiken und Chancen


Insgesamt sehen die Rheinland-Pfälzer eher die Risiken (56 Prozent) als die Chancen (34 Prozent) der demografischen Entwicklung. Daher verlangen sie von der Politik, dass die Ausbildungsangebote verbessert (94 Prozent dafür), die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert (94 Prozent), der Zusammenhalt der Generationen gestärkt (91 Prozent) und die Kinderbetreuung ausgeweitet werden (90 Prozent). 89 Prozent der Befragten wünschen sich einen stärkeren Ausbau der häuslichen und ambulanten Pflege. 88 Prozent haben die Hoffnung auf mehr Geburten noch nicht aufgegeben, um den demografischen Wandel abzumildern. Viele Menschen sorgen sich indes, dass die Mieten in den Ballungsräumen unbezahlbar werden. Ein rotes Tuch sind dabei die Makler, berichtete Institutsleiter Ruhland. CDU-Sozialpolitikerin Thelen beklagte indes, dass Rot-Grün keine Handlungsstrategie zum demografischen Wandel habe.
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Rheinland-Pfälzer bleiben am liebsten da wohnen, wo sie sind. Polis-Sinus-Geschäftsführer Ruhland: "Sie haben eine hohe Identifikation mit ihrer Heimat." 74 Prozent erwarten, dass der Staat auch bei sinkender Geburtenrate gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land schafft. Höhere Steuern wollen dafür indes nur 51 Prozent bezahlen. Renten- und Pensionskürzungen lehnen gar 86 Prozent der 1000 Befragten ab. Nach einer Prognose der Bertelsmann-Stiftung wird die Landesbevölkerung in einigen (vor allem ländlichen) Regionen bis 2030 um mehr als 14 Prozent sinken. Ministerpräsidentin Malu Dreyer räumte ein, dass dadurch "die Balance der Gesellschaft aus den Fugen geraten kann".

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