Zwangsabgabe lässt die Kliniken zur Ader

MAINZ. Die Krankenhäuser müssen sich auf wirtschaftlich noch härtere Zeiten einstellen. Zu den seit Jahren gedeckelten Einnahmen kommt 2007 neben Tarifsteigerungen für Personal, höheren Energiepreisen, neuen Arbeitszeiten für Ärzte und Mehrwertsteuererhöhung auch noch ein Sanierungsbeitrag zur Gesundheitsreform: Alle Behandlungsrechnungen gesetzlich Versicherter werden um knapp ein Prozent gekürzt.

Seit vier Jahren in Folge bauen die deutschen Krankenhäuser Personal ab, um Sparvorgaben zu erfüllen, allein 2005 rund 10 000 Stellen. Wird ab April die "Zwangsabgabe" Sanierungsbeitrag fällig, gehen nach Überzeugung der Krankenhausgesellschaft auch Personaleinsparungen und damit auch schlechtere Patientenversorgung weiter. Sparen und schrumpfen ohne Qualitätsverlust, dieser Spagat sei nicht mehr zu leisten, schimpft Dieter Römer vom Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern. Rainer Klein, Landesvorsitzender der Krankenhausdirektoren, sieht bei einem weiteren Spardiktat die Versorgung in der Fläche gefährdet. Während für Franz-Josef Jax vom Krankenhaus Daun feststeht, dass ohne Personaleinsparungen die neuen Auflagen "nicht zu bewältigen sind", hoffen andere Kliniken in der Region, am Stellenabbau vorbeizukommen. Mit einer Deckungslücke von 600 000 Euro rechnet Wolfgang Walter vom Krankenhaus Bitburg. Ein Stellenabbau ist nach seinen Angaben im Bitburger Krankenhaus nicht notwendig, weil die Fallzahlen in den vergangenen beiden Jahren deutlich gestiegen sind. Sparen will der Kaufmännische Direktor vor allem bei Instandhaltung und medizinischem Bedarf, weil verstärkt über den Zentraleinkauf des Trägers Marienhaus GmbH günstig eingekauft werden kann.Sonderopfer verschärft die Lage

Auch Holger Brandt vom Kreiskrankenhaus Saarburg geht davon aus, dass die Klinik ohne Job-Abbau und schlechtere Versorgung eine 500 000-Euro-Lücke schließen kann. Günstige Kostenstrukturen und verbesserte Arbeitsabläufe sollen dabei helfen. Doch wenn andere Krankenhäuser gegen den Sanierungsbeitrag klagen, will er sich anhängen. "Wir brauchen Eigenmittel, um dringend notwendige Investitionen anzugehen", sagt Brandt. Doch bei ständig neuen Sparauflagen kommt sein Krankenhaus gerade so über die Runden. Eine "sehr schwierige Situation" erwartet Verwaltungschef Ottmar Reinhold durch das Sonderopfer auch beim St. Josef-Krankenhaus in Hermeskeil. Auch wenn der Wirtschaftsplan noch nicht steht, ist für ihn jedoch klar, dass keine existenzielle Belastung droht. Für das Krankenhaus Prüm liegen zwar noch keine konkreten Zahlen vor, doch die zuständige Caritas Trägergesellschaft West CTW erwartet ein Loch von mindestens 100 000 Euro. Dennoch sind laut Kaya Erdem keine dramatischen Auswirkungen zu befürchten. Bei der Energieeinsparung sei die Klinik durch eine neue Anlage auf dem modernsten Stand. Zudem sieht er im CTW-Klinik-Verbund noch Einsparmöglichkeiten durch gemeinsamen Einkauf, Technik und Verwaltung. Auf Ralf Lunkenheimer, Geschäftsführer des Mutterhauses der Borromäerinnen in Trier mit seinen 1600 Beschäftigten, kommt allein ein Sanierungsbeitrag von 500 000 Euro zu. Zugebilligte höhere Einnahmen von 200 000 Euro werden nach Angaben des Klinik-Managers bereits von den höheren Energiekosten aufgefressen. Dennoch soll es zumindest bei Ärzten und Pflegepersonal keinen Stellenabbau geben. Lunkenheimer verhandelt über Rabatte bei Dienstleistern. Auch Leistungseinschränkungen schließt er nicht aus. Über die örtlichen Bundestags- und Landtagsabgeordneten haben nach seinen Angaben die Trierer Krankenhäuser versucht, den Sanierungsbeitrag noch einmal zu Diskussion zu stellen. Das Mainzer Gesundheitsministerium räumt zwar zusätzliche Belastungen durch den Sanierungsbeitrag ein. Durch die bereits vereinbarte Senkung auf 0,7 Prozent und die nicht mehr einbezogenen Einnahmen durch Privatpatienten ist die Sparvorgabe jedoch nach Einschätzung des Leiters der Gesundheitsabteilung, Gerald Gaß, nicht mehr existenzbedrohend - zumal eine weitere Absenkung nicht auszuschließen sei. "Von Krankenhaussterben kann keine Rede sein"

Eine ständige Beobachtung der Entwicklung der Krankenhäuser zeigt nach seinen Worten: "Von einem Krankenhaussterben kann keine Rede sein." Das Krankenhaus Bernkastel-Kues habe sich im Verbund mit Wittlich stabilisiert, Neuerburg sich nach der Übernahme durch Bitburg durch die Neuausrichtung behauptet, so Gaß. In Rheinland-Pfalz hat nach seinen Angaben mit dem Krankenhaus im westpfälzischen Dahn nur ein Krankenhaus geschlossen. Laut Krankenhaus Report 2007 des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Essen) wird sich allerdings erst in den nächsten Jahren "die Spreu vom Weizen trennen". Häuser in Rheinland-Pfalz und dem Saarland könnten dann zusätzlich belastet werden, wenn 2009 eine bundesweite Angleichung der Landes-Basisfallwerte in der Behandlungsabrechnung kommen sollte. Dies würde landesweit erneut die Erlöse drücken.

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