Ein neuer Landarzt für Fell
FELL. Wegen Bürokratiefrust hat Dr. Harry Iman seine Praxis frühzeitig für Kassenpatienten geschlossen. Das war im Sommer vergangenen Jahres. Genau ein Jahr später wagt Dr. Frank Soedradjat den Sprung ins Berufsleben als Landarzt.
"Kaum ein junger Arzt ist noch bereit, sich auf dem Land niederzulassen", sagt Harry Iman. Genau 20 Jahre hat er in Fell praktiziert. Schluss mit der Praxis sollte erst 2009 sein. So sieht es der Gesetzgeber vor. Doch aus Frust über die Bürokratie hat er vor fast einem Jahr die kassenärztliche Tätigkeit eingestellt. "Ich habe mehr in den Bildschirm schauen müssen als den Patienten in die Augen", sagt Iman. So hatte er sich seine Arbeit vor Jahrzehnten, als er sich dazu entschied, Arzt zu werden, nicht vorgestellt. Die Konsequenz: Jetzt ist die Praxis für Kassenpatienten tabu, und er hat seinen Focus auf die chinesische Medizin, sein Steckenpferd, und ausschließlich auf Privatpatienten gerichtet. "Nochmal was Neues wagen"
Doch dem 63-jährigen Mediziner lag am Herzen, "dass ein Kassenarzt ins Dorf kommt". Zahlreiche Ausschreibungen "Arzt gesucht" in den vergangenen Monaten schlugen fehl. Doch ein Telefonat fruchtete schließlich. "Haben sie Interesse, nach Fell zu kommen", fragte Iman den zwanzig Jahre jüngeren Kollegen. Dr. Frank Soedjagat hat in Heidelberg und Mannheim studiert und ist Facharzt für Allgemeinmedizin. Seit mehr als sieben Jahren arbeitet er in einer gut gehenden Praxis in Ehrang. Seit dem Anruf war nichts mehr für den Hausarzt, wie es vorher war. Auf der einen Seite: "Die fetten Jahre sind vorbei", sagt Soedradjat. Auf der anderen Seite: "Mit 40 überlegt man sich noch mal, etwas Neues zu wagen." Sicherheit contra Wagnis. Ein schwieriger Entscheidungsprozeß liegt hinter dem 41-Jährigen. "Es gibt wenige Ärzte, die sich noch niederlassen. Sogar in Trier gibt es Probleme", sagt Iman. Der Ort, die großzügigen Räumlichkeiten über der Raiffeisenbank in Fell und der "alte" Arzt sprachen Soedjadgat an. "Es ist beides da, die Freude auf den Neubeginn und die Trauer um die eigenen Patienten und den Kollegen", sagt der in Weilheim an der Bergstraße aufgewachsene Facharzt. Die Würfel sind gefallen. Jetzt laufen die Vorbereitungen für die Eröffnung der Praxis am 1. Juli auf Hochtouren. Wo später Infusionsgeräte und Arztkoffer stehen werden, hämmern derzeit die Handwerker. Ortsbürgermeister Helmut Schneiders ist glücklich über die Entscheidung Soedradjats, sich in Fell niederzulassen: "Der Arzt im Ort ist ein wichtiger Faktor für die Lebensqualität."
