Funkstille und eine sprechende Wand

WELLEN. Tiefe Risse klaffen im Verhältnis zweier Nachbarn in der Moselstraße – und im Gemäuer des Hauses von Gerhard Müller-Späth. Das Landgericht Trier urteilte vor anderthalb Jahren, Schuld an den Schäden sei Hans Weber, der Nachbar. Doch die Risse sind noch immer da.

 Auch an der Treppe zur Haustür sind Risse zu sehen. Gerhard Müller-Späth zeigt die Beschädigungen. Foto: Hermann Pütz

Auch an der Treppe zur Haustür sind Risse zu sehen. Gerhard Müller-Späth zeigt die Beschädigungen. Foto: Hermann Pütz

Gerhard Müller-Späth sitzt in seinem Arbeitszimmer. Plötzlich ist ein dumpfes Knarren zu hören. Der Mann am Schreibtisch zeigt keine Regung, er kennt das Geräusch. "Die Wand spricht", erklärt er. Wenigstens das Mauerwerk des Hauses in der Moselstraße gibt ab und zu einen Ton von sich, denn im Verhältnis zwischen der Familie Müller-Späth und ihrem Nachbarn Hans Weber herrscht schon lange Funkstille. Das liegt nicht etwa daran, dass es nichts zu sagen gäbe, denn Gesprächsstoff findet sich reichlich.Wasser kam aus den Steckdosen

Ein Beispiel: das Parkverbot vor dem Gästehaus des Gastwirts Weber, das durch Anregung Müller-Späths zustande gekommen ist (der TV berichtete). Unzählige Knöllchen mussten Webers Gäste seither schon bezahlen, denn deutlich waren die Nummernschilder der Falschparker auf den Fotos, die Müller-Späth dem Ordnungsamt zuschickte, zu erkennen. Was aber hat es mit der "sprechenden" Wand auf sich? Gleich neben dem Haus des Ehepaars Müller-Späth befindet sich das Gästehaus von Hans Weber. Beide Bauwerke haben einen gemeinsamen Giebel. Dort und an den Außenwänden, aber auch im Innenbereich des Hauses Müller-Späth, sind klaffende Risse zu sehen. Fast regelmäßig kommen neue hinzu. "Daher rührt das Knarren", erklärt der Hausherr. Ursache ist nach dessen Überzeugung das nicht korrekt gebaute Gästehaus. Schon während der Bauphase gab es im Juli 1993 nach starkem Regen Probleme. Die Decken des Neubaus waren bereits eingebaut aber das Dach fehlte noch. An den Stellen, wo die Decken im Giebel verankert sind, drang eine erhebliche Menge Wasser in das Nachbarhaus ein. "Es rauschte sogar die Treppe herunter und kam aus den Steckdosen", berichtet Gerhard Müller-Späth. Die Instandsetzung verschlang rund 8000 Euro. Hans Weber musste zahlen. Nach Fertigstellung des Neubaus dauerte es nicht lange und im Wohnhaus des Ehepaars zeigten sich erste Risse. Stellenweise kam es zu Schimmelbefall durch eindringende Feuchtigkeit. Eine Klage auf Schadenersatz vor dem Amtsgericht Saarburg, die an das Landgericht Trier verwiesen wurde, führte Ende 2003 zu einem Schuldspruch gegen Weber (Az. 11 O 274/01). Darin wurde der Gastwirt verurteilt, "geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit an dem Hausanwesen der Kläger (...) keine Schäden entstehen". Darüber hinaus sollte Weber bereits vorhandene Schäden ersetzen. Das Gericht berief sich dabei auf das Gutachten eines Sachverständigen. Es bescheinigt eine um das Vierfache überhöhte Belastung des gemeinsamen Giebels durch den Neubau. Das Problem besteht hauptsächlich darin, dass das Wohnhaus des Ehepaars kein Fundament hat. Gerhard Müller-Späth vermutet: "Das Gästehaus hätte so überhaupt nicht gebaut werden dürfen." Zudem stehe es auf so genanntem Rutschkies, der dem Fundament keinen Halt gebe. Zwar habe Hans Weber den Schuldspruch anerkannt, aber trotz der laufenden Zwangsvollstreckung sei bis heute nichts passiert. "Ich glaube sogar, dass Weber die Sache in die Länge ziehen will." Mehr noch: "Er will vermutlich überhaupt nicht zahlen, denn eine Sanierung inklusive Sicherung des Neubaus kostet viel Geld - laut Gutachter eine fünf- bis sechsstellige Summe", so Müller-Späth.Die Wand spricht weiter

Weber weist die Vorwürfe zurück: "Im vergangenen Jahr habe ich einen Bauschadensforscher damit beauftragt, die Sache anzugehen - obwohl ich mich für die Schäden nicht verantwortlich fühle." Denn: "Es könnten durchaus andere Ursachen für die Risse in Frage kommen." Tatsächlich ist auch in der Urteilsbegründung zu lesen, dass ein geringer Teil der Schäden andere Gründe haben könnte. Der geltend gemachte Sanierungsaufwand wurde deshalb um fünf Prozent gekürzt. Dennoch muss Weber für den Großteil der Sanierung aufkommen, doch bislang ist nichts geschehen. Der Gastwirt erklärt: "Falls der Bauschadensforscher die Ursache ausschließlich im Gästehaus sieht, zahle ich." Auf die Frage nach dem Stand der Dinge muss er allerdings passen: "Das überlasse ich dem Fachmann." Im Hause Müller-Späth "spricht" die Wand inzwischen weiter, die Risse werden größer - trotz des Urteils. Ein Haufen Papier kann daran wohl auch nichts ändern.

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