Auslese Geschmack egal, Hauptsache hip

Sie kennen das. Was gestern angesagt war, ist heute altbacken. Ob Kleidung, Möbel oder Brillengestelle: Stets muss etwas Neues her, um die Konsumlust immer wieder neu anzuheizen.

 Simon Winfried

Simon Winfried

Foto: TV/klaus kimmling

Auch die Weinwelt ist Modetrends unterworfen. Es gab in den 1960er bis Mitte der 1970er Jahre die  „süße Welle“, dann musste es trocken sein. Und heute?

Jetzt wird es etwas schwierig, denn das Modekarussell dreht sich immer schneller. Barriqueweine, also in kleinen neuen Eichenfässern gelagerte Rotweine, gibt es noch. Der ganz große Hype scheint aber vorerst vorbei.

Zurzeit sind unter anderem sogenannte Orangeweine angesagt. Also „unbehandelte“ Weine, die alles andere als reintönig sind, sondern eine leichte Trübung haben, rau und unfertig, oft auch einfach miserabel schmecken. Hauptsache „naturbelassen“. Wenn der Wein dann unangenehme Fehltöne aufweist, ist das halt so. Die Natur hat es so gewollt.

Vor allem in der hippen Weinszene, in Weinbars in Berlin, Hamburg oder München, wo sich Menschen  treffen, die sich als „Konsumavantgarde“ verstehen, sind diese „Naturweine“ angesagt. Befördert wird dieser Trend von „alternativen“ Sommeliers.

Wer dazu gehören will, muss einen Hang fürs Außergewöhnliche haben. Was die Mehrheit gut findet, ist uncool.

Einige Wnzer bedienen diese Konsumentengruppe. Auch deshalb, weil die Zahl der Weingüter, die Spitzenerzeugnisse produzieren, viel größer geworden ist.  Qualitativ hochwertige Weine mit feinsten Fruchtaromen gibt es immer mehr an der Mosel. Da fällt es immer schwerer, sich abzuheben.

Was kommt als Nächstes? Saure Weine?

Schöne neue, verrückte Weinwelt.

w.simon@volksfreund.de

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