Heilige Knochen im Schuhkarton

SAARBURG. Eine kleine Metallkiste sorgte in den vergangenen Tagen zunehmend für Aufregung bei Pfarrer Peter Leick – dabei sollte das glänzende Behältnis "nur" eingemauert werden. Die damit verbundene Zeremonie war nicht nur für den "Chef" der Saarburger Pfarrgemeinde St. Laurentius etwas Besonders.

 Eine kleine Metallkiste und viel Arbeit: Pfarrer Peter Leick mit der Reliquienschatulle vor dem Altar der Saarburger Pfarrkirche St. Laurentius. Foto: Hermann Pütz

Eine kleine Metallkiste und viel Arbeit: Pfarrer Peter Leick mit der Reliquienschatulle vor dem Altar der Saarburger Pfarrkirche St. Laurentius. Foto: Hermann Pütz

Schweißperlen waren in den vergangenen Tagen häufiger auf der Stirn von Pfarrer Peter Leick zu sehen. Kein Wunder, war doch der "Chef" der Saarburger Pfarrgemeinde St. Laurentius quasi ständig auf dem Sprung. Es gab vieles zu organisieren, denn das Pfarrfest stand bevor. Doch das alleine war nicht der Grund für die rege Betriebsamkeit im Pfarrhaus neben der Kirche. Im Mittelpunkt stand vielmehr der Inhalt einer kleinen Metallkiste. Der sorgte bereits vor einiger Zeit für Aufregung bei dem Gottesmann. Reliquien in Seidenpapier gewickelt

Peter Leick erzählt: "Als ich vor vier Jahren ins Pfarrhaus zog, habe ich mein neues Domizil erst mal eingehend inspiziert." Auf dem Speicher sei er bei seiner Erkundungstour auf ein Sammelsurium diverser Kirchenrequisiten, darunter Gewänder der Sternsinger und Teile eines alten Hochaltars, gestoßen. "In der dunkelsten Ecke eines Schranks fand ich einen alten Schuhkarton." Was sich darin befand, habe sein Herz höher schlagen lassen: sterbliche Überreste verschiedener Heiliger, eingeschlagen in Seidenpapier. Sofort stellte sich Leick die Frage: "Woher stammen die Reliquien, und wie kommen sie auf den Speicher?" Da half nur der Weg ins Pfarrarchiv. Nachforschungen ergaben, dass die Knochenreste einst in dem alten Altar der Laurentius-Kirche untergebracht waren. Leick erklärt: "Im Gottesdienst befinden wir uns in der Gemeinschaft der Heiligen. Gemeint ist: Lebende und Verstorbene feiern zusammen das Abendmahl." Als Zeichen für die Einbeziehung der "Vorangegangenen" befinde sich in jedem Altar einer katholischen Kirche ein so genanntes "Sepulcrum", eine Art Grabkammer, die Überbleibsel von Heiligen enthalte. Leick fand heraus, dass bei dem Bombenangriff auf Saarburg Ende 1944 der Altar von St. Laurentius unter den Trümmern des Gotteshauses begraben und zerstört wurde. "Später wurden die darin enthaltenen Reliquien in Sicherheit gebracht, landeten irgendwann auf dem Pfarrhausspeicher und gerieten in Vergessenheit." Was das große Interesse Leicks weckte, war nicht nur der Fund, sondern auch die Vielzahl verschiedener Reliquien. Vertreten sind neben Überresten des Namensgebers der Saarburger Kirche, St. Laurentius, unter anderem auch die Heiligen Paulinus, Justinus, Martialus und Modoald. Der heutige, im Jahr 1951 geweihte Altar der Laurentius-Kirche wartete bislang mit lediglich drei religiösen Vorbildern auf: Laurentius, Paulinus und Justinus. Das ist seit kurzem anders, denn für Pfarrer Peter Leick gab es nur eins: "Die Reliquien aus dem Schuhkarton müssen wieder an ihren Platz in der Kirche." Das war leichter gesagt als getan. Das vorhandene Reliquiengrab auf der Oberseite des Altars musste aufgebrochen, der Inhalt entnommen und mit den anderen Gebeinen in der Metallschatulle im unteren Teil des Opfertischs eingemauert werden. Das Problem: "Durch Veränderungen dieser Art verliert ein Altar seine Weihe." Nach mehr als 60 Jahren sind die Gebeine aus dem Pfarrhaus seit dem Wochenende wieder dort, wo sie einst waren: im Altar der Pfarrkirche St. Laurentius. Die Einweihung des Altars nahm Bischof Reinhard Marx während eines Gottesdienstes vor. Schon der Gedanke an die seltene Zeremonie sorgte bei Pfarrer Leick bereits Tage zuvor für manchen Schweißausbruch, schließlich war eine ganze Menge zu organisieren. Die Arbeit sollte sich am Ende lohnen, denn: "Die Altarweihe ist eine der beeindruckendsten Feiern der Kirche", schwärmt der Gottesmann.

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