"Ich habe mich nie als Held gefühlt"

KONZ. Vor 50 Jahren entging das Stadtzentrum von Konz möglicherweise einem Inferno. Dass es nicht so weit kam, dafür sorgte der damals 17-jährige Hans Schmitt. Dank wurde ihm gezollt, eine Auszeichnung für seine vorbildliche Tat bekam er aber bis heute nicht.

 Stolz zeigt der Konzer Hans Schmitt seinen dicken "Feuerwehr-Ordner" mit Dokumenten aus 46 Dienstjahren. Lediglich zwei Dankesbriefe erinnern an das LKW-Unglück und seine vorbildliche Tat im Jahr 1954.Foto: Hermann Pütz

Stolz zeigt der Konzer Hans Schmitt seinen dicken "Feuerwehr-Ordner" mit Dokumenten aus 46 Dienstjahren. Lediglich zwei Dankesbriefe erinnern an das LKW-Unglück und seine vorbildliche Tat im Jahr 1954.Foto: Hermann Pütz

Johann Schmitt, im Bekanntenkreis schlicht Hans genannt, war 1954 erst 17 Jahre alt. Sein großes Vorbild war der Vater, damals Leiter der Freiwilligen Feuerwehr seiner Heimatstadt Konz. Eines Abends, genau am 23. Dezember, klingelte zu Hause das Telefon. Vater Josef hob ab, und noch bevor er sich melden konnte, drang eine aufgeregte Stimme aus dem Hörer: "Ein Lastwagen brennt!"Flammen umzüngeln 2500 Liter Benzin

Wie elektrisiert schwang sich Hans, der den Inhalt des Anrufes mitbekommen hatte, auf sein Fahrrad. Die Lenkstange in der rechten und einen Feuerlöscher in der linken Hand, machte sich der junge Mann auf den Weg. Bereits nach wenigen Minuten hatte er sein Ziel erreicht. In der Nähe des heutigen Bahnhaltepunktes Konz Mitte stand ein Lastwagen der US-Armee. Einer der Zwillingsreifen brannte so heftig, dass die Flammen den mit Flugzeugbenzin gefüllten 2500-Liter-Tank auf der Ladefläche umschlangen. "Vermutlich hatte der Fahrer zu stark gebremst", erinnert sich Schmitt an die Umstände. Vom Fahrer war damals allerdings weit und breit nichts zu sehen. Er hatte fluchtartig das Weite gesucht - wohl wissend, in welcher Gefahr er sich befand.Mit Wassereimern gegen das Inferno

Gefahr barg jedoch nicht nur die hochexplosive Ladung. Zwei Tankstellen in der Nähe und hunderte Liter einer brennbaren Flüssigkeit in einem Lager auf einem nahe gelegenen Firmengelände wären in einem flammenden Inferno aufgegangen, wenn das Feuer auf die LKW-Ladung übergegriffen hätte und diese explodiert wäre. Ähnlich wie David gegen Goliath machte sich Hans Schmitt ans Werk. Mit Hilfe seines Feuerlöschers begann er, die brennenden Reifen zu löschen. Doch schon nach kurzer Zeit war der Löscher leer. Kurz entschlossen besorgte sich der 17-Jährige in der Nachbarschaft einen Eimer, den er immer wieder mit Wasser füllte, das er ins Feuer goss. Nach knapp zehnminütigem Kampf hatte er es schließlich geschafft - die letzte Flamme war verloschen. Lediglich ein paar umherliegende Reifenteile kokelten noch vor sich hin, als die Feuerwehr mit Vater Josef an der Spitze eintraf. "Plötzlich klopfte mir jemand auf die Schulter", berichtet Hans Schmitt. Als er sich umdrehte, habe er in das Gesicht eines amerikanischen Soldaten geblickt - der Fahrer war wieder aufgetaucht. Sichtlich erleichtert bedankte dieser sich bei dem jungen Mann aus Konz. Dessen Vater jedoch habe sich zunächst bedeckt gehalten. Erst zu Hause äußerte sich Josef Schmitt zu der selbstlosen Tat seines Sohnes. "Um ein Haar hätten wir uns heute nicht mehr gesehen", kommentierte er nicht ohne Zynismus. "Erst da ist mir bewusst geworden, in welcher Gefahr ich mich befunden habe", sagt Schmitt.Dankschreiben vom US-Botschafter

Drei Monate später kam ein Belobigungsschreiben von der damaligen Bezirksregierung Trier, und erst im September 1955 bedankte sich auch der amerikanische Botschafter in Bonn für die "heroische Tat, welche zweifellos ein tragisches Unglück verhindert hat". Auch mehrere Geschäftsleute, die in der Nähe des Unglücksortes ein Geschäft betrieben, sammelten für den jungen Helden und überreichten ihm am Ende 170 Mark. Auch von einer Feuerversicherung gab es einen Hunderter. "Das war damals ein schöner Batzen Geld", erinnert sich Schmitt. Was dem Konzer allerdings bis heute verwehrt blieb, ist eine öffentliche Auszeichnung für sein vorbildliches Handeln. Erwartet habe er so etwas nie, sagt er bescheiden. Doch schließlich habe er sein Leben eingesetzt, um eine Katastrophe zu verhindern. In seinem inzwischen 67 Lebensjahren hat Hans Schmitt schon vielen Menschen aus der Not geholfen. Nicht lange nach dem Unfall im Stadtzentrum von Konz trat er der Freiwilligen Feuerwehr seines Heimatortes bei. In 46 Dienstjahren, davon 23 Jahre als stellvertretender Wehrführer, hat er viel vom Leid anderer mitbekommen. "Irgendwann stumpft man ab", sagt er. Vielleicht ist auch das mit ein Grund, weshalb er über den 23. Dezember 1954 nicht mehr viel nachdenkt. Er betont: "Ich habe mich nie als Held gefühlt."

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